Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

364 Wo die Straße am Hoheneck die Höhe erklimmt, steht heute noch eine stattliche * * Linde, etwas abseits von der Straße. Die mächtige Krone blickt weit ins Land. Da standen die Bewohner des Tales. Eng geschart. Greise, Männer, Weiber und Kinder. Von den Schergen des Statthalters mit blanker Waffe in Schranken gehalten. Unter der Linde lagen bereits gefesselt der alte Eckart und der Filzmoser. Die rohen Knechte stießen nun den Michl im Hof zu den beiden Bauernführern unter den Baum. Da zuckten die Fäuste der Männer und die Weiber kreischten schrill! Rasch trat ein Offizier wehreklirrend auf den freien Plan und schnarrte das Urteil: der Filzmoser, der alte Eckart und der junge Michl im Hof seien als Rebellen insonderheit als Rädelsführer allsogleich durch den Strang hinzurichten! und die Scharen, doch blitzen die dräuenden Schwerter der Ein Wutschrei durchgellt * Schergen im hellen Sonnenlichte sich von den unteren Aesten des Baumes. Fluchend Drei Schlingen senken der Eckart. Als letzter steckt der junge Michl im Hof zappeln der Filzmoser und die Schlinge. seinen wirren Schädel durch !“ „Für mein' Herrgott.. die gurgelnde Kehle zu ... Da schnürt der Strang Alles starrt Plötzlich rast ein wütiges Weib aus dem nahen Gehölz durch den Wall der Soldaten. Blut im Gesicht. Die blonden Haare zotteln wirr. Die Kleider bröckeln in Fetzen vom Leibe. An den nackten Brüsten klammert ein Kind. Eine Wahnsinnige „Leut, Hilfe! Mein Mann! Hat er nit für Enk gsorgt und gearbeit't? Haut sie'stot, die Bluthunde! Mit denen ist der Herrgott nit... Schlagt sie!“ Die Augen irrlichtern vom fremden Feuer! Ein Soldat will sie zurückdrängen, wild und bissig schießt sie auf ihn los, ein blitzendes Messer in der Rechten. „Wann der Mensch nit einmal mehr Mensch sein darf — Unklar sprudeln die Laute. Schaum fetzt um den Mund. Da zuckt das Messer ein Schrei gellt aus den dichten Reihen, alles starrt, vom Schreck gelähmt, hoch, schon fällt das Kind tot zu Boden Ein zweiter Schnitt, der Strang birst entzwei; leidenschaftlich wirft sich die Rasende auf den Leichnam des Geliebten, den Mund küssend, und blitzschnell bohrt sichder Mordstahl in ihr Herz... Das Gericht Wie Bleiklumpen sacken die Arme der Soldaten nieder. Feste Männer wanken wie Strohpuppen, leblos, betäubt vom grausen Geschehnis, und die Münder der Weiber und Kinder klaffen in lautloser, angstumpreßter Starre. Mit einem Male flackert ein befreiendes Schluchzen auf. Ein helles Kinder¬ weinen! Flackert von irgendwoher. Und zerkeilt den Bann. Ein unsichtbarer Hieb wischt sausend über die Häupter, ein Schauer durchrieselt die eisigen Knochen. Ja, das ist der Schall des Totenglöckleins. Vom Dorfkirchlein her ebbend. Gehackt. Voll Wirre und Weinen. Stunde des Gerichtes Erschüttert brechen die Reihen in die Knie. Wuchtige Fäuste entballen sich und schlagen ein plumpes Kreuz über den vorgekrümmten Leib, reuig zum Rasen gebeugt. Leise pendeln die beiden Leichen im Hauch des streichenden Windes, der die kahlen Stoppelfelder und die zausigen Haare kämmt. Der letzte Strahl roten Blutes erbricht sich aus der zerstochenen Brust des zuckenden Weibes. Da ist der Bann der Stoderbauern gebrochen. Herberstorff ist Sieger 1 Die Soldaten stoßen die Schwerter däftig in die Scheide, zwei Schlegel rattern auf ein Trommelfell, und ohne auf den gefriedeten Menschenschwarm unter der Schauerlinde zurückzublicken, strampfen die Krieger schleppenden Schrittes gen Windischgarsten...

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