Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

363 Stumm und still. Dem jungen Michl im Hof entbrennen die Augen und die schweren Pratzen zucken. Ueberzeugt, daß die freien Stöderer vor den Dingknechten Herberstorffs nit wanken und weichen, schleicht sich der Bote gen Westen... * * * Die Truppen des bayerischen Statthalters schienen dem Stodertale kein Augen¬ merkzu schenken. Flammende Rauchsäulen zeichneten den Weg der Scharen, es ging gegen Spital ** Auf dem Seespitz, in Walchegg und beim Hunger am Tamberg äugten unab¬ lässig verborgene Späher ins Talbecken, den ziehenden Truppen nach. Sie konnten keine Absicht des Feindes wahrnehmen, gen Stoder vorzurücken. Neue Boten vom großen Bauernheere meldeten den bevorstehenden Abschluß eines Waffenstillstandes. Und die Besorgnis schwand! Die Wache am Hoheneck wurde verringert Der junge Michl im Hof kehrte mit seinem jungen, schönen, heißgeliebten Weibe das nit von seiner Seite gewichen, auf seine Gemarkung zurück. Denn das Weib ging hochschwanger. Der Juli sank in schwüler, stiller Sommerpracht zur Neige. Rings im Lande schien Ruhe zu herrschen. Schwerter, Spieße, Hacken und Morgensterne lehnte man in verschwiegene Winkel und nahm dafür Sichel und Sense zur Hand. Die Getreideernte begann! Vollbeladen schwankten die Wagen die steinigen Wege zu Tal zu den Scheunen und Höfen, von knorrigen, frischlebigen Oechslein gezogen. Helle Jauchzer schwirrten über das Gehänge und der Widerhall an Fels und Mensch wellte über die Ge¬ breiten. Ja, friedsame Ruhe breitete die Fittiche über das ganze Land ... Ruhe vor dem Sturm Das war ein süßes, ersehntes Kinderkreischen, das durch die Ehekammer scholl! Der junge Bauer lehnte beglückt am Türpfosten und hörte auf den ersten Laut seines geborenen Kindes* * Der Erbe seiner Freiheit, seines Hofes, seiner Heimat! Indes jedoch die Herbstsaat mit grünen Halmspitzen durch die braunen Krumen ans milde Licht drängte, bröckelten neue Gerüchte von einem Aufruhr im Hausruck¬ viertel durch das Tal. Verwilderung und Mutlosigkeit drückten den Bauern die Waffen in die Hand und Pappenheim hatte bereits sein Werk der Säuberung und Ordnungschaffung begonnen! Doch drang von der Niederringung der Bauern keine Kunde in das stille Stodertal ... * * 4 Herrgottsfrühe! Stürmisches Gepolter dröhnt an die Türe des Michl im Hofgut. Erschrocken reckt sich der Bauer vom Schlafe auf, schüttelt sein jammerndes Weib ab und schiebt den Riegel zurück. Da packen ihn nervige Soldatenhände und ein fester Strick schneidet flugs seine Gelenke. Die herbeieilenden Knechte sind rasch gefesselt. Plötzlich stürzt das Weib im Nachtkittel aus dem Flur und wirft sich den Schergen des Statthalters zu Füßen. Hohnlachend stößt sie ein bärtiger Kumpan mit dem Schwerte zur Seite. Mit einem gräßlichen Schrei taumelt sie besinnungslos ineinen Jauchetümpel. Helle Feuerlohen steigen gen Himmel. Das Filzmosergut brennt! Die Schanze amHoheneck ist gefallen ... Ein weher Kolbenschlag reißt den Bauer aus seinem brütenden Sinnen. „Marsch, Bauer! Heftig reckt er den Schädel zurück. Sein Blut stockt starr in den Adern. Sein Hof ist eine lodernde Fackel! Da brüllt er auf wie ein Bergstier: „Mein Weib, Herrgott, mein Bua!“ Um¬ sonstzerrt er sich an den verknüllten Stricken wund. Es muß gelitten sein! Muß! Und es geschieht, daß er sich mit einem Male hinkauert. Voll Stille. Ein winselndes Bündel „Herrgott da droben, nit mein, sondern dein Wille ...!“ Lautlos zieht die Rotte...

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