Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

362 Gernhabn! Herrgott, so à Tag in Auswärts „Gernhabn!“ schreit's va allö Pflänzerl, Is ja dert ä wahre Pracht. Vä da Wiesn, va dö Bäm. Geht mä um ä weng in Ländl, s Pärädeis, was mä välorn habn, Wia oan 's Herz in Leib schier lacht. Hiatz wird wahr dä schenö Träm. „Gernhabn!“ schreit's va alle Seitn, Aus dö Stoanä selm guckt's aussä 's Gviehkät in dä Luft, in Wald, s jungö Blüahn und 's neuchö Löbn. Auf dä Erdn, in dä Erdn, Grad dö Leut vä lautä Raffn Uebärall, wo's d’ hinschaust halt. Kemmän bä der Freud' dänöbn! Gregor Goldbacher. Das Gericht. Von Paul Graff=Ederer. Wieder eine bange Nacht herum! Eben falbt der erste Silberschein des ent¬ keimenden Tages um die Grate der dunklen Hallermauern und ein glutiges Licht¬ bündel spült durch die Scharte des Hengstpasses... Junisonntag 1626 1 Still und lauschend liegt der Plan, von einer jähabschüssigen Straße durchquert, die sich in dunstverschwommener Ferne gegen den Marktflecken Windischgarsten verliert. Nur ein Wässerlein gluckst vorlaut in der Morgenfrühe und ein Häher kreist mit spitzem Schreien. Zu beiden Seiten des Pfades in Gebüsch und Rain, Schacher und Senke, knotzen klobige Gestalten. Bergbauern aus dem Stodertale. Wetterzermürbte Gesichter ducken sich gegen das taublitzende Gras. Adleraugen spähen nach vorne die Straße entlang gen Windischgarsten, wo bereits die Truppen des bayerischen Herberstorff eingezogen sind. Das brennt in den sehnigen Gliedern, ewig stille zu liegen, Spieß und Hacke umkrallt, ob nicht etwan der feind¬ liche Trupp ins Stodertal bräche! Doch das lassen sie nit zu, nie und nimmer! Da kriecht ein verschmierter Kumpel über die westliche Planke des Hohenecks, schwenkt ein weißes Leinenfetzlein und begehrt zum Führer. Ein Bote vom Stephan Fadinger Sie führen ihn zum alten Eckart und zum Filzmoser. Das sind ihre Führer. Gewiegt und erfahren, zuweilen allzu bedächtig. Doch das ist gut. Der jugendliche Michl im Hof könnt wohl die Leut verhetzen, nit führen! Der Heißsporn! Freilich, seine Fäust sind nit zu verachten und sein Eichentrum tät manchen Schädel knacken! „Kommst vom Fadinger?“ „Woll. Uebers Gebirg aus Grünau. Er tuat Enk grüaßen!“ Sie lächeln. Alle drei. Der alte Eckart schiebt einen Prim von der linken Backe in die rechte. Der Filzmoser haut dem Boten die schwere Tatze auf die Schulter und sagt ein Bravo. Der Michl im Hof aber kelcht die schwieligen Hände an den Mund und schreit es laut über die emporgereckten Köpfe der Kämpfer: „Der Fadinger tuat uns grüaßen!“ Ein Tuscheln und Beifallsmurmeln, ein gedämpftes Waffenklirren rauscht die Scharen der Bauern entlang. „Halt's Maul, Depp!“ greint der Eckart und schüttelt über den Heißsporn den schlohweißen Schädel. „Der Fadinger laßt Enk melden, die Ständ seind zu Verhandlungen bereit, in etlichen Tagen ist die Sach' der Bauern gwunnen!“ Da legt sich mit einem Male ein heller, heiliger Schein in drei dunkle, braune Gesichter und die Hände verkrampfen sich zum unverbrüchlichen Schwur der Treue.

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