Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

352 Damit sollen alle Streitigkeiten, welche zwischen der Herrschaft Steyr und der Stadt Steyr infolge Irrungen über ihren Burgfried und ihre Wasserobrigkeit ent¬ standen sind, wie obverstanden durchaus tod und ab sein, auch sollen alle an¬ gehenden Prozesse hiemit aufgehoben sein. Zur Einhaltung dieses Vergleiches wird, bis er von seiner kais. Maj. allergnädigst ratifiziert sein wird, ein Pönfall von 1000 Dukaten in Gold gesetzt. Wer gegen den Vertrag handelt, zahlt dem haltenden Vertragspartner ohne alle Gnade die halbe Summe, die andere Hälfte fällt der kais. Kammer anheim. Der Vertrag aber bleibt weiter in Kraft. Zu Urkund dieses wird diese Vergleichung von den kaiserl. Herrn Räten und Kommissären mit Handschrift und Petschaften, dann von den Herrn Burggrafen und Herrn Rentmeister und der Stadt Steyr mit ihrem Stadtsiegel gefertigt und sind vier gleichlautende Exemplare: eines zur Ratifikation der Relation beizu¬ chließen, das andere bei der Herrschaft, das dritte bei der Stadt zu lassen, das vierte zu Handen der Kommissäre geschrieben und gefertigt worden. Geschehen zu Steyr den 21. X. nach Christi Geburt 1606. Der Vergleich wurde erst im Jahre 1610 vom Kaiser ratifiziert. Nachträglich glaubte die Stadt noch Irrungen bezüglich der Hopfermühle und der Roßmaut auf dem Steinfeld feststellen zu können, doch hielt der Kaiser an dem Vertrage fest. Im Jahre 1614 wurde der Burgfried mit den anfangs erwähnten Grenzsteinen vermarkt, welche noch heute teilweise vorhanden sind. Verloren gegangene Steine wurden nach einer Burgfriedsbegehung im Jahre 1774 durch einfachere Steine ersetzt. Trotz jahrhunderte langen Kampfes war es der Stadt nicht gelungen, die alleinige Gerichtsbarkeit in ihrem Burgfriedsgebiet zu erlangen: einzelne Grund¬ stücke blieben unter der Grundherrschaft und Jurisdiktion der Herrschaft Steyr. II. Die Theresianische und Josefinische Reorganisation. Nach der stetigen Entwicklung der administrativen Verfassung trat die Not¬ wendigkeit ein, in gewissen Beziehungen allgemeine Anordnungen festzusetzen. So wie in Steyr der Burgfried oder Landgerichtsbezirk durch Exemptionen der Herr¬ schaft zerrissen war, so war manchen anderen Landgerichtsbezirken durch Privi¬ legien, entgeltliche oder unentgeltliche Erwerbungstitel einzelner Dominien ihre Geschlossenheit genommen worden. Die zivilrichterliche Macht hatten die Grund¬ herrschaften, mochten ihre Besitzungen noch so zerstreut liegen und entlegen sein. Da also außer den Landgerichten und Grundobrigkeiten keine Behörden für die Verwaltung der administrativen Zweige bestand, mußten die Grundobrigkeiten politische Administrationsbehörden über ihre Untertanen betrachtet werden. als Sie mußten alle Geschäfte außer den landgerichtlichen übernehmen, wie: Kon¬ skription, Steuereinhebung etz. Der gänzliche Umschwung in den Staatenverhält¬ nissen, der schnellere Gang der Geschäfte, die nähere und vielfältigere Berührung unter den Gliedern des Staates selbst erlaubten es aber nicht länger, die Geschäfte durch diesen zerrissenen Mechanismus fortführen zu lassen. Unter der Regierung der Kaiserin Maria Theresia wurden zur Besorgung des Konskriptionsgeschäftes gewisse Zentralpunkte aufgestellt und nach diesen das Land¬ Pravinzen eingeteilt. Die Werbebezirksherrschaften wurden Kommissariate in genannt. Schon im Jahre 1749 geschah die erste Errichtung von Kommissariaten, welchen das Straßenwesen übertragen wurde. Unterm 24. Dezember 1773 und 7. März. 1774 wurde ganz Oberösterreich der Konskription wegen in Kommissariate eingeteilt. Letzteres Dekret lautet: Von der kais.=königl. Landeshauptmannschaft in dem Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns wegen: den hierländig sämtlichen so geist= als weltlichen Herrschaften, und Obrigkeiten, dann derselben nachgesetzten Beamten hiemit anzufügen: Es hat bisher die Erfahrung vielfältig und besonders bei der im verwichenen Jahr vorgenommenen Visitation der hierländigen 32 Werbebezirken genugsam er¬ probt, daß die quartalen obrigkeitlichen Meldungen seither noch in keine genüg¬

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