Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

346 huber S. 215). Er verlangte, daß die Untertanen des Schlosses, die in der Stadt etwas verbrochen, zur Bestrafung in das Schloß gestellt werden. Die Stadt aber eignete sich die Jurisdiktion über die beiden Wasser Enns und Steyr innerhalb ihres Burgfriedens an. Diese Streitigkeiten wurden erst 1609 durch einen Vertrag zwischen der Herr¬ schaft und der Stadt geregelt. Im Jahre 1584 wurden durch Vermittlung kaiserlicher Kommissäre die zwischen der Herrschaft Garsten und der Stadt herrschenden Streitigkeiten bezüglich der Juris¬ diktion geschlichtet. Die Herrschaft Steyr wurde wohl im Nachhinein von dieser Regelung in Kenntnis gesetzt, stimmte ihr jedoch nicht zu, da zwei Gründe ihres Meierhofes (Neulustgut) durch den Bach und Burgfriedsgrenze mitten durchtrennt wurden. Im Jahre 1606 sollten nun endgültig alle Streitpunkte zwischen der Stadt und Herrschaft Steyr bereinigt werden. Sowohl die Stadt wie auch die Herrschaft hatten ihren Standpunkt schriftlich niedergelegt. Nach diesen Schriften war die Stadt¬ gemeinde bereit, die umzäunten Gründe des Meierhofes der Herrschaft aus dem Burgfried zu lassen und die Grenze um den Zaun herum zum Wasserfall der Steyr zu führen. Ueber die im Burgfried zerstreut liegenden Gründe der Herrschaft wie auch über die „verzickten Grunddienste“ behielt sich die Stadt ihre althergebrachte ungestörte Jurisdiktion vor. Nur jene Bürger, welche ihrer Jurisdiktion unter¬ stehen, können auch der bürgerlichen Rechte und der Privilegien der Stadt teilhaft werden. Die Herrschaft dagegen behauptete, daß die ihr zinsbaren Bürger nur be¬ züglich ihrer bürgerlichen Hantierung der Stadt unterworfen seien. Die Jurisdiktion der Herrschaft in der Burg, im Burggarten und in der Berg¬ gasse bis ungefähr zur Mayrstiege, das ist in ihrem Burgfried, wurde von der Stadt nicht bestritten. Doch verlangte sie, daß die uralte Straße, welche von dem Burg graben hinab ins Vogelsang zur Mühle geht (die heutige Blumauergasse), Tag und Nacht offen bleibt und es niemand verwehrt werde, die Straße zu reiten, zu fahren oder zu gehen. Ein alter Streitpunkt war die Grundobrigkeit über die Gewässer in der Stadt. Aus einer angemaßten Befugnis der Grundherren hatte sich im Laufe der Zeit das Strandrecht gebildet, nachdem sich die Grundherren der gestrandeten Schiffe mit den darauf befindlichen Gütern und Menschen als ihres Eigentums bemächtigen konnten Mußte ein Schiffsherr zur Erleichterung seiner Ladung Waren über Bord werfen so verlor er sein Recht darauf: sie gehörten dem Gundherren. Betraten Menschen nach dem Scheitern eines Schiffes das Ufer, wurden sie dem Grundherren leibeigen. Fuhr ein Schiff auf eine Sandbank oder einen Felsen auf, so verfiel es mit seinen Gütern dem Grundherren, wenn es auch später wieder flott wurde. Berührte ein Schiff —auch ohne Schädigung der Brücke —bei der Durchfahrt einen Hochbaum derselben, so war es samt der Ladung Eigentum des Herrn der Brücke. Das gleiche galt bei der Vorüberfahrt an einer Schiffsmühle. Fiel ein noch so kleiner Teil der Schiffsladung ins Wasser, so wurden Schiff und Ladung Eigentum des Grundherrn. Die Stadt behauptete, Grundherrin auf der Enns, Steyr und dem Wehrgraben zu sein, soweit diese in ihrem Burgfrieden fließen und auch daselbst die Jurisdiktion zu besitzen. Daher hätte sie das Recht, auf diesen Gewässern tote Personen zu bergen, Uebeltäter zu ergreifen und „verschickte“ Güter an sich zu nehmen. Sie sei Grund¬ herrin bei den bürgerlichen Wasserwerken und =fludern und habe bei Streitigkeiten und Irrungen der Bürger wegen ihrer Gebäude und Wasserwerke zu richten. Dies wurde von der Herrschaft bestritten. Da sie im Besitze besonderer Regale sei, habe sie nicht nur das Fischereirecht, sondern sei auch Wasserobrigkeit über die genannten Wasserläufe und besitze die Jurisdiktion über sie und einen anschließenden, neun Schritte breiten Uferstreifen. Ungeachtet der Beschwerde der Stadt habe sie in Reichenschwall eine Weibsperson hingerichtet. Die Sperre in der Enns, welche die Stadt mit ihrer Einwilligung zur Verhinderung von Conterbande errichtet hatte und welche sie. nachdem ein Hochwasser die Sperre weggerissen, ohne Bewilligung neuer¬ lich aufgeführt, wolle die Herrschaft nur bleiben lassen, wenn die Stadt nachträglich um die Baubewilligung ansucht oder den Bau als unpräjudizierlich anerkennt. Der

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