Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1936

343 stark in Erscheinung trat, so müssen wir es dem Umstande zuschreiben, daß der Burggraf oft zum Stadtrichter gewählt wurde. So finden wir in den Urkunden 1305—1318 den Burggrafen Peter Panhalm oft gleichzeitig auch als Richter von Steyr. Auch der Stadtrichter Gottschalk Richter war vor Zeiten Pfleger (1320/21). In einem Urbar der Hofmark Steyr (etwa 1313) wird „Ulreich der voit (Vogt) in dem Steierdorffe“ genannt. Es ist anzunehmen, daß er ein Vogt der Herrschaft war. Gegen die Grundholden Garstens in der Stadt durfte der Stadtrichter nur im Wege des Hofrichters von Garsten auftreten. Im städtischen Archiv findet sich, aber nur ganz kurz, die Nachricht vor, daß 1378 die Jurisdiktion des Burggrafen über die Stadt und ihre Bürger aufgehört habe; in einer ähnlichen Nachricht heißt es, daß 1378 vermöge eines Privilegiums Herzog Albrechts III. die Gerichtsbarkeit des Burggrafen über die Stadt ihr Ende genommen und der Stadtrichter erste Instanz der Bürger in Rechtssachen geworden sei. Nähere Bestimmungen aber fehlen und die Urkunde selbst war noch nicht ge¬ funden. Die Grenzen der Jurisdiktion zwischen dem Burggrafen und Stadtrichter cheinen aber auf alle Fälle nicht genau festgesetzt gewesen zu sein, weil später sehr oft darüber Streitigkeiten entstanden sind. F. X. Pritz (S. 113) glaubt diese neue Anordnung und Trennung darauf zurückführen zu können, daß Rudolf von Wallsee Inhaber der Herrschaft Steyr war, der doch nicht leicht jene Gewalt über die Bürger ausüben konnte wie der Burggraf als Stellvertreter des Herzogs. Wahrscheinlich waren dem Wallseer nur die Einkünfte der Herrschaft gegeben. nicht aber die Landgerichtsbarkeit. Doch die Blutsgerichtsbarkeit hatte der Stadtrichter noch immer nicht; er durfte also niemand zum Tode verurteilen. Falls ein Todeskandidat vor Gericht kam. mußte der Stadtrichter den Bannrichter (Waldboten) aus Enns herbeirufen. Dieser war meist einer vom Adels= oder Richterstande. Er untersuchte den Fall in Gegen¬ wart des Stadtrichters und der Genannten und konnte ein Todesurteil fällen. Erst später (1495, 1512, 1514, 1516) erhielt der Stadtrichter für einzelne Fälle oder für eine bestimmte Zeit die Jurisdiktion über Leben und Tod, ab 1523 aber hatte sie jeder Stadtrichter. Die Klärung der Befugnisgrenzen zwischen dem Burggrafen (Pfleger) der Herrschaft und dem Stadtrichter ging nur schrittweise vor sich. Im Jahre 1407 rief die Stadt den Herzog als Richter an, als sich der Juris¬ diktion halber „Irrung und Differenz“ erhob. „Der Stadt Steyr Gebrechen wider den Pfleger, des ersten, und die Freyung auf dem Berg; darüber ist meines Herrn Herzog Ernst Antwort, daß er sich darinnen eigentlich wolle erfahren, und wie die Sache denn vor Alters herkommen sei, dabei wolle er es verbleiben lassen. Prevenhuber hat es unterlassen, die Eingabe der Stadt näher anzuführen. Aus der Antwort des Herzogs, welche der Stadt durch den Pfleger zukam, sind die „Gebrechen“ nicht zu entnehmen. Weiter ist jedoch zu entnehmen, daß die Stadt einen erfolgreichen Kampf um die Freiung auf dem Berg, das ist vermutlich um die Jurisdiktion in der alten Hofgasse, führte. In dem Steuerbuch des Jahres 1543 er¬ scheint diese Gasse als 5. Viertel der Stadt angegliedert, was auf die frühere Aus¬ nahmsstellung schließen läßt. Als sich die Stadt gegen den Pfleger Weikhart Polheim (1408 und 1410) aber¬ mals beklagte, entschied der Herzog: „Darum will mein Herr (der Herzog) seinem Pfleger schaffen, ob er an jemand in der Stadt zu sprechen hätte, daß er (es) zunächst an den Richter bringen soll, wollt aber der Richter darin säumig seyn, und darzu nicht thun, als billig wäre, so mag es dann der Pfleger selber thun. Dann von des Rechten wegen in der Schrannen, daß einer davon in den Stadtrath, und hernach an meinen Herrn gedingen mag, dabei soll es bleiben. Stein um die Gründ und Häuser in der Stadt, und in den zweyen Dörffern in dem Burgfried, ob die jemand verkümmern, verschaffen oder vermachen wollt, ist

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