Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1935

356 der größten Stechpalme unserer Gegend. Wie so viele empfindlichere Holzgewächse sind auch viele „Schradln“ im bitteren Winter 1929 z. T. abgestorben. Der mächtige Wurzel¬ stock des Braunreiter=Schradls hat aber doch so viel Lebenskraft besessen, daß er wieder nach allen Seiten austreibt. Nach der Gerberei am Paukengraben erheben sich die ersten Kalkfelsen besonders malerisch über dem ehemaligen „Weberhäusl“ von Ternberg, gekrönt von zähen kleinen Föhren. Ternberg selbst hatte früher auf seiner Richtstätte, dem Galgenkogel, eine riesige Linde, die leider gefällt worden ist, dagegen stehen bei dem Ecce=homo=Marterl östlich von Ternberg, da, wo der Delinquent auf dem Weg zum Hochgericht von seinen Ange¬ hörigen Abschied nehmen mußte, drei schöne, große Robinien (Akazien). (Besitzer: Alois und Anna Derfler, Ternberg. Ein besonderes Naturdenkmal ist der kleine Buxbaumhain, eine Viertelstunde süd¬ östlich von Ternberg, über dem Weißmayergut. (Besitzer: Franz und Barbara Wei߬ mayer, Ternberg 36.) Hier wächst der Buxbaum wild, vermengt mit schönen Eiben und Wacholder und gedeiht bis zu einer Höhe von 5 Metern. Einzelne stärkere Eiben stehen auch auf den Rauhwackenfelsen oberhalb Ternberg. Reich an schönen Bäumen ist unser idyllisches Losenstein. Noch vor der geschlossenen Ortschaft führt die Eisenstraße unter dem Kronendach einer stattlichen Linde (B.: Ernst Kornsteiner, Losenstein 109) an der Kreuzkapelle vorbei, an deren Stufen eine Quelle ent¬ springt. Im Orte selbst erhebt sich die Apothekerlinde (B.: Paul Sickinger, Losenst. 11) zu bedeutender Höhe; die schönste aber ist die Tavernlinde (B.: E. Wittwer, Losen¬ stein 10) hart am Uferstraßenrand gegenüber der stilvollen alten „Schloßtaverne“. Am Rand des Stiedelsbachgrabens stehen die Fronleichnamslinden (B.: Bei der Wirtsedt, Johann Wenk, L. 72) bis zu denen sich der festliche, kirchliche Zug unter feierlichen Klängen durch die lachende Landschaft bewegt. Wenn ein Losensteiner zur letzten Ruhe ge¬ tragen wird so grüßt ihn am Friedhofeingang noch einmal die riesige Friedhofföhre, bevor ihn die Heimaterde aufnimmt. Herr Oberlehrer Franz Wurzer, einer unserer rührigsten Vertrauensmänner des Naturschutzes, berichtet, daß dieser schöne Baum schon vor dem Krieg um 10 Gulden vom Verschönerungsverein angekauft worden ist, also unter ganz besonderem Schutze steht. Der harfenförmig gevachsene Wacholder auf der „Trichtlweide“ des H. Alex¬ ander Nagler (L. 12) ist leider durch Feuer geschädigt worden, dürfte sich aber erholen. Am Eingang ins Lausatal (B.: Simonsödt, Therese Nowak, L. 39) und im Unterlauf dieses freundlichen Tales (Simon Rettenbacher, L. 44, und beim Sensenwerk Bauer=Sonnleithner, L. 25) stehen sehr schöne, erhaltungswürdige Linden. Reich an Eibenbeständen ist der „Ofen (Oberthaller, Trichtl und Wasserfallhof) und der obere Stiedelsbach. Auch auf dem Weg zum Schieferstein stehen zwei schöne Exemplare dieses besonders schutzwürdigen Nadelbaumes (B: Josef Hack, Schörkhuber, Stiedelsbach 69). Eiben sind in den Wäldern zwischen Losenstein und dem Pechgraben häufiger, besonders schöne Bestände treffen wir beim Oberthaller, Trichtl und Wasserfallhof am sog. „Ofen“ und am Uebergang in den Pechgraben. Vor Reichraming wird das Tal durch die Arzberger Terrasse eingeengt, an deren Kante weithin sichtbar die beiden Donatilinden sich über dem schönen alten Heiligen¬ standbild wölben. Weiter hinten beim Arzbergerhof stand eine vielhundert¬ jährige Eiche, die im vorigen Jahrhundert mit dem Hof vom Feuer ergriffen wurde. Den unteren unversehrt gebliebenen hohlen Stamm hat der Besitzer zu einem ganz geräu¬ migen Lusthaus mit Tisch und Bänken ausgebaut. (B.: Moritz Schenker.) Von hoch oben leuchten die hellen Kalkfelsen des Schiefersteines ins Land. Auf ihnen gedeiht in Massen der Mauerpfeffer und auf diesem die schwärzliche Raupe unseres herrlichsten Alpenschmetterlings, des Apollofalters oder roten Augenflecks, der, einst recht häufig in unseren Voralpen, schon recht spärlich geworden ist. Er steht bereits auf der Liste zur Ergänzung unseres Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes vom 9. April 1929, das leider noch immer der endgültigen Beschlußfassung harrt. Gefahr droht dem Falter einer¬ seits von gewissenlosen Händlern, die dieses fliegende Kleinod heimlich in Menge fangen und zu verschachern trachten, andererseits von gedankenlosen Buben, deren Besitzlust er reizt und dann nutzlos in irgendeinem Insektenkasten verstaubt. Der Ennsdurchbruch unter Großraming zeigt uns einen besonders har¬ monischen Einklang der Steilfelsen, zwischen denen sich die Wasser der Enns hindurchzwängen, und der schlanken Betonbogenbrücke. Diese führt vom Bahnhof zur Eisenstraße, an der schöne Ortslinden stehen; zur linken gelangt man in den Pechgraben, so genannt nach der vor¬ züglichen, aber leider nur spärlichen „Alpenkohle“, die hier gefördert worden ist. Unweit der jetzt gänzlich verstürzten Stollen ragt an einem Seitenbach eine etwa 6 Meter hohe Granik¬ klippe aus den mergeligen, versteinerungsreichen Schiefern der Umgebung, das Buch¬ Denkmal, unser wertvollstes Naturdenkmal (derzeit im Besitz des Landesmuseums), das wie die Inschrift besagt, dem Andenken an den berühmten österreichischen Geologen Leopold von Buch gewidmet ist. Die Herkunft des hier gänzlich ortsfremden Granits ist viel um¬

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