Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

406 Das beruhigte ihn und der alte Vollbrecht fand schnell seine Kühnheit und Entschlossenheit wieder. „Das ist kein Mensch wie ich,“ dachte der Förster, indem er das Zwerglein sich näher besah, „gewiß nicht, das ist ein Bergmännchen, von denen ich gar oft er¬ zählen hörte. Hab' aber nicht daran glauben mögen! Gott stehe mir bei!“ Und er bekreuzigte sich fromm. „Hm,“ machte er es dann, „hab' mein Lebtag gehört, daß die Bergmännchen den Menschen nicht schlecht gesinnt sind, allerlei wissen, was der Verstand von unsereins nicht begreift und gerne den Menschenkindern helfen in Not und Plag' wie wär's, wenn ich es finge und seine Kenntnisse auf die Probe stellte?“ Noch einen Augenblick besann sich der Förster, denn eine innere Stimme warnte ihn, mit einem Wesen anzubinden, dessen Kräfte er nicht kannte, die kecke Abenteuerlust überwog aber in ihm, wohl auch hatte er so seine bestimmten Ab¬ sichten mit dem Bergmännchen, kurz, plötzlich beugte sich der Förster zu dem Schlafenden herab, packte ihn mit seiner nervigen rechten Faust sehr unsanft an, hob ihn zu sich empor und leuchtete ihm mit der linken Hand in das Gesicht. Das kleine Wesen begann auch sogleich zu zappeln und mit seinem dünnen aber tiefen Stimmchen stieß es erschreckt Laute aus, wobei es sich aus der Faust des Försters loszumachen suchte, was ihm aber nicht gelang. „Fürchte Dich nicht, Bergmanderl,“ sagte der Förster jetzt, als er die angst¬ vollen Blicke gewahrte, die ihm das kleine Wesen zusandte, „ich tu' Dir nichts zu Leide — bin kein Wicht — hab' aber noch nie deinesgleichen gesehen — mußt also nicht ungehalten sein, so ich dich etwan hab’ recht garstig erschreckt!“ Das Bergmännchen mochte diesen Worten Vertrauen schenken, denn es stellte eine Versuche, loszukommen, ein, ließ sich ruhig vor dem Gesichte des Försters hoch halten und sah diesen flehentlich an. Da aber der Förster das kleine Ding nicht los ließ, schien dem Bergmännchen die Zeit doch etwas lange zu werden, und es sagte endlich mit deutlicher Stimme: „Nun denn, Förster, der du, wie ich sehe, einer bist, jetzt hast mich wohl lang genug angeschaut — lass’ mich endlich los!“ 7 □ „Was gibst du mir dafür? fragte der Förster, in welchem zum erstenmale in seinem Leben die Habsucht sich zeigte. „Könnte auch ohne Lösegeld loskommen,“ meinte das Bergmännchen flink dagegen. „Versuch's,“ sagte der Förster, dem bei dem Worte „Lösegeld“ ein, wie ihm schien, sehr guter Gedanke überkam und drückte seine Finger besser und kräftiger in das Gewand des Kleinen. „Hab wohl ein Mittel gegen deine Zauberei!“ Und er sah auf das Kreuzlein hinab, das er an einer Schnur um den Hals trug. Das Bergmännchen lächelte fast geringschätzig und mochte gar wohl erkannt haben, worauf der Förster abzielte, denn es meinte: „Bemühe dich nicht, Förster, auch wir Bergmännchen beweisen die Allmacht Gottes, sind auch seine Geschöpfe und loben Gott den Herrn so war's nicht gemeint! In der Stunde kann ich dir aber nicht aus, so du mich nicht freiwillig losgibst — aber, Dienst gegen Dienst —was gilt's?“ Der Förster dachte nach, was er von seinem kleinen Gefangenen wohl verlangen könnte dafür, daß er ihn losließ, Gold oder ein Arzneimittel für seine Kranke zu Haus, denn die Bergmännchen kennen nicht nur die Schätze der Natur, sondern auch deren Kräfte. Der Gedanke, daß er für Gold auch ein Heilmittel kaufen könne, überwog, und er kam daher rasch zu einem Entschlusse. „Ich bin ein armer Mann,“ sagte er nachdenklich, „hab' zu Haus nicht Geld für den Bader noch für Arznei, die meine arme Tochter so dringend bedarf dukennst ja wohl die Orte da drinnen im Gestein, wo Edelmetall zu finden ist, he?“ Das Bergmännchen nickte nur. „Gut,“ meinte der Förster, „so verschaff' mir ein Stück Gold —nicht groß, will keinen Reichtum, nur daß es langt im Haus auf bessere Zeiten — bin ich 27 unbescheiden, Bergmanderl? „Nein,“ sagte der Kleine gelassen, „also schließen wir ab — ich zeig' dir, was du brauchst, wo es zu finden —dann laßt mich aber los?“

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