Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

401 durch den Umstand, daß die Leistung des einzelnen Schiffes wie des ganzen Schiff¬ zuges von Witterung und Wasserstandsverhältnissen abhängig war und die Nach¬ richtenübermittlung außerdem noch recht langsam war. In den Wintermonaten wurden die Leute vielfach bei den Ennsregulierungs¬ arbeiten beschäftigt, die Pferde dagegen zu Botenfuhren nach Wien verwendet. Eine wochen= und oft monatelange Abwesenheit meines Großvaters von zu Hause war notwendig, worüber sich meine Großmutter wiederholt beklagt hat, um so mehr, als ihr daheim die Pferdeknechte viel Aerger und Verdruß bereiteten. Es war für sie sicherlich keine leichte Aufgabe, für die Verpflegung des durch An¬ künfte und Abfahrten ständig wechselnden Personalstandes Sorge zu tragen. Viele Aufregungen und persönliche schwere Strapazen hatte der Schiffmeister zu tragen, wie aus jeder Seite der Erinnerungen meines Großvaters ersichtlich ist. Die Schiffmeisterei brachte dem Inhaber viel Arbeit und Sorgen, dafür war sie aber ein interessanter Beruf voll Leben und Tätigkeit, der die Mühen reichlich lohnte und dem Schiffmeister bei seinen Mitbürgern eine angesehene Stellung verschaffte. Das erste Dampfschiff fuhr im Jahre 1830 auf dem Donaustrome von Wien nach Budapest, aber erst acht Jahre später gelang es einem Dampfer, von Wien nach Linz zu kommen, der im Greiner Strudel noch Pferdevorspann benötigte. Es verging noch ein weiteres Dutzend Jahre, bis die Dampfschiffahrt mit den Schiff¬ meistern in Konkurrenz treten konnte. Kaum aber war sie dazu auch nur einiger¬ maßen in der Lage, so nützte sie ihre durch Privilegien gestützte Monopolstellung zur unanständigsten und rücksichtslosesten Konkurrenz aus, indem sie vor allem die Bergfrachten unterbot und hölzerne Schiffe nicht bergwärts beförderte, dabei aber zufolge ihres noch ungenügenden Schiffsparkes die Anforderungen der Verfrächter in keiner Weise befriedigen konnte. Zum Unglücke für die Schiffmeister trat gleich¬ zeitig eine wesentliche Verteuerung der Pferdehaltung ein. Die Donau=Dampfschiffahrt hat den Steyrer Schiffmeistern allerdings wenig geschadet, weil sie eben auf die Donau beschränkt war, während jene ihre Frachten von Steyr aus nach Wien und Pest führten, also aus dem Seitentale direkt an die Bestimmungsstation und zurück. Die Eisenbahnen waren es, die die Schiffahrt auf der Donau einschränkten und auf der Enns zum Erliegen brachten. Mit der Eröffnung der Westbahn am 15. Dezember 1858 begann die Schiffahrt zurückzu¬ gehen und die im Jahre 1867 fertiggestellte Rudolfsbahn verursachte bald die Ein¬ stellung der Schiffahrt auf der Enns. Einmal noch lebte der Schiffsbetrieb auf der Enns für kurze Zeit auf, als Schiffmeister Kronberger aus Mauthausen in den Jahren 1879—1881 große Mengen Lambergsches Scheiterholz von Sand zur Abfuhr brachte. Diese Umstände brachten natürlich im Geschäftsbetriebe meines Großvaters einen großen Umschwung; je mehr die Schiffahrt zurückging, desto größer gestaltete mein Großvater Josef Reder die von seinem Vater Matthias Reder im Jahre 1831 gegründete Holzhandlung aus, was dadurch erleichtert wurde, daß in den Sechziger¬ jahren die große Bau= und Gründungsepoche in Wien begann, die zur Zeit der Weltausstellung im Jahre 1873 ihren Höhepunkt erreichte. Niemals vorher und auch nie später wurde soviel Bauholz und Schnittmaterial aus dem Steyr= und Ennstale nach Wien abtransportiert als in den Jahren 1870 bis 1872. B Quellen. Reder Josef: Aufmerkung meiner besonderen Begebenheilen in meinem Leben. Handschrift nach 1875. — Persönliche Erinnerungen meines Vaters Karl Reder sowie der ehemaligen Nauführer F Hametner in Metzling bei Persen¬ Biographie des Michael Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, 1827 — beug und J. Hoas in Grein. Braunauer Heimat¬ Fink sen von ihm selbst verfaßt im Jahre 1828, Handschrift im oberösterreichischen Landesarchiv. kunde, 1923.— Ebner, Flößerei und Schiffahrt auf Binnengewässern. — Fluß, Donaufahrten und Donauhandel im Mittel¬ Goldbacher Gregor: Die alte Schiffahrt auf der alter und in neueren Zeiten. Verlag A. Haase, Leipzig, Prag, Wien Loehr Betträge zur Ge¬ Handelskammer Linz: Jahresberichte 1851—1856 Enns, Steyrer Halender 1916. schichte des mittelalterlichen Donauhandels. Oberbayrisches Archiv, Band 60. — Musealbericht des Museums in Lin: 1848. Ing. E Neweklowski: Die alte Ennsschiffahrt, Heimataaue“ 1919; Donauschiffe. „Heimatgaue“ 1929. — Schultes I.A.: „Linzer Tages=Post“: Sonntagsbeilage Jahrgang 1910, Nr. 8 und 25, und 1912, Nr. 50 — Reiten durch Oberösterreich 1809. und 52. — Walcher: Nachrichten von den in den Jahren 1778 bis 1781 an dem Donaustrudel zur Sicherheit der Schiffahrt vorgenommenen Arbeiten. Wien 1791, A. Kurzbeck. Archiv der Stadt Steyr. 26

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2