400 So fromm die Schiffleute waren, so abergläubisch waren sie auch. Ein sehr böser Aberglaube veranlaßte die Leute zu der Meinung, daß jedes Jahr ein Schiff¬ mann oder Roßknecht des Schiffzuges ertrinken müsse. Deshalb half man dem der als erster im Frühjahre in Ertrinkungsgefahr kam, nicht, sondern ließ ihn ruhig ersaufen, weil man wähnte, daß der Fluß damit für dieses Jahr sein Opfer habe und die andern nun ruhig sein könnten. Mein Großvater besaß seit 1852 das Schiffmeisterhaus in der heutigen Haratz¬ müllerstraße Nr. 3, hinter dem sich große Scheunen und Stallungen befanden, zu denen der Eingang an der Stelle des heutigen jüdischen Bethauses in der Bahnhof¬ straße war. Er verfügte im Jahre 1849 über zwei vollständige Schiffzüge, die wie früher erwähnt —aus vier größeren und den dazugehörigen kleinen Schiffen bestanden, und über eine Anzahl einzelner Schiffe. Im Jahre 1854 schaffte er sich ein, im folgenden Jahre ein zweites eisernes Schiff an, von dem wir eine zwar etwas tilisierte Abbildung auf einem Flößerhaken besitzen. Es war über 30 Meter lang, fast 6 Meter breit und 2 Meter hoch und konnte auf der Donau nauwärts 70 Tonnen, auf der Bergfahrt ungefähr die Hälfte laden. Es wurde von acht Pferden gezogen. Außer der erheblich größeren Tragkraft als ein gleich großes hölzernes Schiff bestand der Hauptvorteil des Eisenschiffes darin, daß die Berg¬ fahrt rascher als mit Holzschiffen vor sich ging. Als das Frachtgeschäft nachzulassen begann, verkaufte mein Großvater eines derselben im Jahre 1862 nach Semlin, wo es noch durch viele Jahre als Landungsponton für die Dampfer diente. Zu diesen Schiffzügen gehörten 25 bis 35 Pferde schwersten Schlages, 12 bis 15 Roßknechte und über 40 Schiffleute. Die Schiffe wurden auf eigener Schopper¬ stätte im Ennsdorfe (an der Stelle des gegenwärtigen Gemeindewohnhauses in der Haratzmüllerstraße) in Steyr erbaut, wo ständig zwei Meister beschäftigt waren. Wie viele Schopperknechte dort beschäftigt wurden, konnte ich leider nicht mehr erheben. Der Schoppermeister Natus, ein gebürtiger Lambacher, verfertigte zur großen Freude der Kinder auch kleine Modellschiffe. Mein Großvater erzählt in einen wiederholt angeführten Erinnerungen von einem selbstgebauten Schiffe: „1854 habe ich in Steyr ein Schiff bauen lassen, einen sogenannten Gamsen; es war das größte, das je auf der Enns gewesen ist, das habe ich mit Scheitern beladen und bin selbst als Nauführer mit selbem zur Donau gefahren, hatte aber vergessen, die Höhe der Brücke in Enns früher abzumessen. Da habe ich 500 Klafter, bevor wir zur Brücke kamen, die Gefahr entdeckt, daß wir wahrscheinlich zu hoch sind und nicht in stehender Richtung durchfahren können, bin aber gleich gefaßt gewesen und habe zu meinen Leuten (25 Mann an der Zahl) gesagt: „Leutln, wenn ich rufe: Fallen!, so fallt ihr samt den Rudern auf den Bauch!“ So ist es auch geschehen, wir sind in dem Moment, wo wir zur Brücke kamen, auf den Ruf „Fallen!“ alle auf den Bauch gefallen. Es ist auch meine Befürchtung wahr gewesen, denn wir haben nur noch einen Schuh Raum in liegendem Zustande gehabt, sonst hätt' es uns alle erdrückt und ins Wasser geschleudert. Die Leute sagten nachher, um keinen Preis der Welt führen sie mehr mit, auch ich habe mir selbes gedacht. Der größte Schiffmeister an der Donau soll Matthias Feldmüller gewesen sein, der 300 Knechte und 100 eigene Pferde beschäftigte und jährlich 20 Kelheimer, die größten Holzschiffe auf der Donau, baute. Die Schiffmeisterei mit den vielen Fahrzeugen, der dazugehörigen wertvollen Ausrüstung, der Pferdehaltung, dem großen Personalstande stellte einen umfang¬ reichen Betrieb dar, zu dessen erfolgreicher Leitung große Erfahrung und viel Energie gehörten. Die komplette Ausrüstung eines Schiffzuges wurde ohne Pferde auf 6000 bis 7000 fl. veranschlagt, wozu noch ein Betriebskapital von 3000 bis 4000 fl. nötig war. Alle Betriebsmittel waren in ständiger Bewegung: ein Teil der Schiffe lag daheim in Ausrüstung, andere schwammen nauwärts, die dritten wurden in Wien oder Pest zum Gegenzuge beladen oder befanden sich auf der Heimreise; dazu kamen die mannigfaltigen Zwischenfälle, die in der Natur des Betriebes gelegen sind, sowie wiederholte Schäden durch Hochwasser. Die Einteilung war erschwert
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