399 Zeugnis seines-früheren Meisters durfte aber kein Schiffsknecht eingestellt werden. Man wollte auf diesem Wege die Trunkenbolde ganz aus der Schifferzunft hinaus¬ bringen. Die erwähnte Schiffahrtsordnung gab ferners genaue Vorschriften über den Zustand, in dem sich die Schiffe befinden sollten, sowie deren jährliche Unter¬ uchung; ebenso über die Prüfung der Nauförgen und Schiffmeister, welche alle als Jungknechte beginnen und die ganze Rangleiter allmählich aufsteigen mußten. Die häufig gehörte Behauptung, daß ein Schiffmann nicht schwimmen können durfte, ist nicht richtig. Mein Großvater muß, nach seinen Erlebnissen zu schließen, ein ganz vorzüglicher Schwimmer und Taucher gewesen sein. Er hatte schon im Alter von acht Jahren das Schwimmen erlernt, das ihm Schiffleute beigebracht hatten. Nach der Mittagsrast ging es bis zur einbrechenden Dämmerung wieder weiter, bis der Säßtaler den Befehl zum Ausspannen gab: „Schlagts aus, fahrts außa!“ Die Pferde wurden ausgespannt, angepflockt und abgefüttert, in der Nähe eines oder mehrere Feuer zum Schutze gegen die Gelsenplage entfacht. Die Ro߬ knechte stellten sich Leinenzelte auf, während die Schiffleute auf ihren Schiffen in der „Hütten“ übernachteten. Es wurde Tag für Tag gefahren, auch an Sonn= und Feiertagen — an denen die Fahrt allerdings erst nach dem Kirchgange angetreten wurde mit Ausnahme der ganz hohen Feiertage wie Ostern, Pfingsten und Fronleichnam, bis der Schiffs¬ zug in seinem Bestimmungsort eintraf. Am Fronleichnamstage nahmen die Schiffleute in ihrem besten Gewande an der Prozession der zunächst gelegenen Ortschaft teil. Die Roßknechte und ihre Pferde kamen nur in den größeren Statio¬ nen und zu Hause unter Dach, sonst waren sie immer im Freien. Im Jahre 1850 betrug der Lohn für eine Fahrt von Mauthausen nach Wien 7 fl., außerdem ein Taggeld von 70 kr. und die Verpflegung. Der günstigste Wasserstand für die Gegenfahrt war gutes Mittelwasser. Bei niedrigem Wasser hinderten die Sandbänke sehr, sowie besonders auf der Enns der Umstand, daß dann das Wasser häufig in eine schmale, reißende Rinne zusammen¬ gedrängt ist. Die Fahrzeit von Budapest bis Wien betrug durchschnittlich fünf Wochen, von Wien bis Mauthausen drei bis vier Wochen; von da bis Steyr zwei Tage. Von einer Rekordleistung erzählt mein Großvater wie folgt: „1848 bin ich im Februar wie sonst mit drei Schiffen nach Pest gefahren und habe dort die Waren ausgeladen und dann einen Schiffzug zusammengestellt, wobei ich die meisten Waren oder Frucht auf meine Rechnung gekauft und verladen habe. Da ist im März die Revolution ausgebrochen und da hat mir ein Pester Schiff¬ meister geraten, ich solle meine rot=weißen Fahnen, die wir sonst immer ausgesteckt hatten, einziehen und soll ungarisch ausstecken, so habe ich für mich und meine Leute Kokarden gekauft, sonst hätten sie mir wahrscheinlich meine Schiffe samt Ladung unter Wasser gestürzt. Da habe ich noch drei Tage auf meine von Mauthausen kommenden 25 Stück Pferde warten müssen, wie aber die Pferde ankamen, sind wir gleich abgefahren und sind Tag und Nacht gefahren, nur um für Komorn über die Festung hinaus¬ zukommen, was uns auch geglückt ist. Um zwei Tage später und wir hätten nicht mehr hinaus dürfen. Dann wäre ein ungeheurer Schaden für mich heraus¬ gekommen, so sind wir aber glücklich und ohne größeren Anstand zur österreichischen Grenze gekommen und von dort auch glücklich nach Mauthausen. So schnell ist noch kein Zug von Pest nach Mauthausen gefahren, wir haben nur fünf Wochen gebraucht. Ich habe auch in Wien die meiste Zeit der Revolution mitgemacht, hab mich aber nirgends beteiligt.“ Um das Jahr 1850 wurde für die Talfracht Steyr—Wien je nach dem Um¬ fange der Güter 24 bis 30 kr. für den Zentner, für die Strecke Steyr—Budapest 40 kr. verlangt; die Bergfracht kostete 36 bis 40 kr. Die Achsfracht von Wien nach Steyr kostete dagegen 1 fl. 12, war aber dafür wesentlich rascher als die Bergfahrt der Schiffe, da die Fuhrwerke diese Strecke in fünf Tagen hinter sich brachten.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2