Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

397 aber auch für die Talfahrt eine große Beschleunigung, weil die nauwärts fahrenden Schiffe bei Grein warten mußten, bis die Gegenzuge den Strum passiert hatten. Von 1824 bis 1832 wurden neuerliche Regulierungsarbeiten vorgenommen. Die Bedürfnisse der Dampfschiffahrt veranlaßten eine dritte Bauperiode in den Jahren 1853 bis 1866. In einer vierten wurde am Ende des vorigen und Beginn des jetzigen Jahrhunderts der gegenwärtige Zustand einer 80 Meter breiten und beim Pegelstand 0 drei Meter tiefen Fahrtrinne erreicht. Sollte das Persenbeuger Kraft¬ werk erbaut werden, so würde künftighin der Greiner Struden überstaut und da¬ durch gänzlich verschwinden. Am Endpunkte der Fahrt wurden die Schiffe, die einzeln oder zu zweit in Wien eingetroffen waren, wiederum beladen und zu. Gegenzügen zusammengestellt, was einen Aufenthalt von einer bis zwei Wochen erforderte. Als Gegenfracht kamen Getreide, Kartoffeln, Wein und Stückgüter in Betracht. Wenn nicht genügend Fracht von Seite der Kundschaft sich angesammelt hatte, so kauften die Schiffmeister zur Ausnützung des Fuhrwerkes auf eigene Rechnung je nach dem Stande der Marktverhältnisse Getreide, Wein oder ähnliches. So schreibt einmal mein Großvater: „1858 habe ich in Pest, nachdem ich zuwenig Ladung zum Gegenfahren be¬ kommen habe, 1200 Metz Kartoffel (oder Erdäpfel) gekauft, a. Metz um 20 kr. C. M. selbe wieder in Steyr um 2 fl. C. M. pr Metz verkauft zum Einlegen und und habe daher ein sehr gutes Geschäft gemacht.“ Dieser Handel mit Getreide u. ä. führte dann wieder dazu, daß die Schiffmeister gelegentlich auch größere Verpflegsgeschäfte übernahmen, wie die Verpflegung von Truppen. Mein Großvater berichtet einmal: „1858 übergab mir Herr Michael Fink in Braunau das Nikolaus=Husaren¬ Regiment zur Verpflegung, welches ich durch 5 Monate gehabt und in bester Ordnung durchgeführt habe. Nach dem Abmarsch der Husaren kamen wenigstens 20 bis 25 Batterien Artillerie im Durchmarsch, die ich verpflegen mußte. Ich habe ein gutes Geschäft damit gemacht, aber es hat viel Uebersicht und Arbeit gekostet. Der Vater des eben genannten Michael Fink schrieb im Jahre 1827 seine Biographie nieder. Aus dieser geht hervor, daß er und andere Schiffmeister dieses Gewerbe nur als Mittel zum Zweck betrieben und ihr Hauptgeschäft der Handel und die Spekulation mit Getreide und Wein und zur Zeit der Napoleonischen Kriege die Truppenversorgung war. Schiffzüge bestanden aus drei bis vier großen und mehreren kleinen Die Schiffen. Der Kommandant des ganzen Schiffzuges war der „Säßtaler“ der als Nauführer des größten Schiffes die Talfahrt gemacht hatte. Das größte Schiff, welches in der Einteilung des Schiffzuges ohne Rücksicht auf seine Schiffstype als der „Hohenau“ bezeichnet wurde, fuhr als erstes, an dieses mit Seilen angehängt der „Nebenbei", dem als drittes der „Schwemmer“ und als viertes der Schwemmer=Nebenbei“ folgte. Dazu gehörten noch verschiedene kleine Schiffe: die Roßplätten, die Geschirr= oder Zeugplätten und mehrere Weidzillen. Die Ro߬ plätten, auf denen die Pferde die Naufahrt zurückgelegt hatten, wurden auf der Gegenfahrt zur Stützung des langen Zugseiles verwendet und führten als solche auch den Namen „Furkelzillen“ nach der Gabel=Furkel, über welche das Zugseil lief. Sie dienten weiters zum Ueberführen der Pferde beim Uferwechsel. Die Bemannung dieser Schiffe bestand aus folgenden Leuten: Am Hohenau: 1. der Säßtaler, 2. der Stoirer, 3. der Hilfsruderer, 4. der Bruckknecht oder Seil¬ trager, 5. ein Reserveschiffmann, 6. der Koch. Am Nebenbei: 1. der Nebenbeifahrer, 2. der Hilfsruderer, 3. der „Bock“ der die Seile zu besorgen hatte, 4. der Schiffs¬ schreiber. Am Schwemmer: 1. der Schwemmer=Säßtaler, 2. der Schwemmer¬ Stoirer, 3. ein Hilfsruderer. Am Schwemmer=Nebenbei: 1. der Stoirer, 2. ein Hilfs¬ ruderer. Vom Hohenau weg führte das lange Zugseil, der „Faden“ oder „Buesen“ ge¬ nannt, meist ein „24“=Seil von 1½ Längen, das in einem Ringe endigte, in welchem die „Zwiesel“, ein etwas schwächeres Seil, befestigt war; erst an dieses waren die Pferde, jedes für sich, durch kurze Stricke angespannt. Die Pferde, deren Schweif

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