Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

394 In der oberen Flußstrecke hatten die Klauswasser des Salzaflusses für die Schiffahrt einige Bedeutung, besonders zu Zeiten niedriger Wasserstände. Wenn beide Salzaklausen geschlagen wurden, machte sich dies noch bei Kastenreith durch eine vorübergehende Wasserstandserhöhung bis zu einem halben Meter bemerkbar, welchen Umstand die Schiffer zu einer besseren Tauchung ihrer Schiffe ausnützen konnten. Es bestand deshalb eine Vereinbarung mit der Forstverwaltung, wonach diese die Schiffmeister vorher vom Schlagen der Klausen verständigte, damit sie sich die Abfahrt entsprechend einteilen konnten. Die Bergfahrt ging immerhin ganz flott vor sich, wenn auch der (angeblich) 16malige Uferwechsel Zeitverluste verursachte. Schiffe, die zeitig früh von Kasten¬ reith nach Steyr gefahren waren, wurden noch am selben Tage bis Ternberg und am nächsten bis Kastenreith zurückgebracht. Von dort fuhren sie früh um 6 Uhr nach Altenmarkt (Weißenbach) und kehrten wieder am selben Tage nach Kastenreith heim. Als noch die Schiffahrt bis Hieflau betrieben wurde, rechnete man für dieses letzte Stück auch mit einem Zeitaufwand von einem Tage. Nach einem Berichte der Linzer Handelskammer verfrachtete die Innerberger Gewerkschaft in den Jahren 1849 bis 1851 jährlich 2800 Tonnen tal= und 1000 Tonnen bergwärts. Die Achsfracht stellte sich in jener Zeit nach derselben Quelle von Eisenerz bis Steyr auf 1 fl. 6 kr. per Zentner und beanspruchte drei Tage Fahrzeit, während die Schiffsfracht nur 8½ kr. kostete. Der Zillenmeister be¬ kam damals einen Taglohn von 56 kr., die Schiffknechte 48 kr. Außer der hauptgewerkschaftlichen Zille verkehrte am Montag, Donnerstag und Samstag ab Küpfern das „Weyrer Schiff“ welches in den einzelnen Ortschaften an¬ hielt und als „Lokalschiff“ Reisende mitnahm. Die Entladung der Schiffe erfolgte beim „Eisenfloße“ hinter der Dominikanerkirche in Steyr. Der „Eisenheber“ nahm dort die Eisenladungen in Empfang und ließ das für Krems und Wien Bestimmte im Hause Ennskai 34 (heute Wolfartsberger) einlagern, das für Steyr und seine Umgebung Erforderliche in den „Innerberger Stadel“ schaffen. Die Beladung der Zillen erfolgte für die Bergfahrt auf der Lände oberhalb des Neutores. Die Pferde¬ wurden im Gasthofe „Zum goldenen Schiff“ eingestellt, welches weit und breit berühmt und das angesehenste in Steyr war und wo auch die „bürgerlichen Flo߬ und Schiffleute“ ihre Jahrtage abhielten. Bergwärts wurden vor allem Getreide und Mehl, Kartoffeln, Schmalz, Wein, aber auch Stückgüter verfrachtet. Die Hauptgewerkschaft hatte, um große Getreide¬ mengen einlagern zu können, mächtige Gebäude aufgeführt, wie den erwähnten „Innerberger Stadel“ in der Stadt, den „Traidkasten“ in der Neuschönau, der 40.000 bis 50.000 Zentner Getreide fassen konnte, sowie ähnliche Speicher in Weyer (heute Möbelfabrik Schöntaler=Silva), in Großreifling, Weißenbach und Hieflau. Ich möchte nun die Bezeichnungen und die Bauart der Hauptschiffstypen, wie sie auf unseren heimischen Flüssen zu sehen waren und zum Teil noch zu sehen sind, schildern. Alle mit der Dampfschiffahrt in Verbindung stehenden Schiffe scheiden natürlich hiebei aus. Jedes Schiff besteht aus einem mehr oder weniger horizontalen Boden, der an beiden Enden aufgebogen ist und vorne meist in einer Spitze endet, die „Grans' (—Vogelschnabel) heißt, welches Wort die Mundart in „Kranzel“ umwandelte. Das rückwärtige Ende, welches bei großen Schiffen in der Regel stumpf ist, heißt „Steuer“ in der Mundart „Stuhr“ „Stoir“. An den Boden werden die Seiten¬ wände angesetzt und beide durch die „Kipfen“ zusammengehalten. Diese werden aus jungen Fichtenbäumen samt Teilen der Wurzel, die zum Stamme in einem be¬ stimmten Winkel stehen müssen, erzeugt. Die zwischen den Brettern und Pfosten be¬ stehenden Fugen werden mit Moos ausgestopft, von welcher Arbeit die Schiffbauer den Namen „Schopper“ erhalten haben. Die Schiffe werden auf der Talfahrt, von den Schiffleuten auch „Naufahrt“ genannt, mit Rudern gelenkt, die bei großen Schiffen bis zu 20 Meter lang sind und lediglich zum Steuern dienen. Für die Berg= oder „Gegenfahrt“ rüstete man seit ungefähr 1800 auf der Donau die großen 1 Schiffe mit einem Steuerruder aus, das die französische Bezeichnung „Timon“ oder in der Schiffersprache „Saureiben“ führt.

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