Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

tehende Zeilen aus der Feder des Herrn Dr. Josef Schicker (Mauer¬ Primarius besten Kenners der Stadt des Oehling), Enns, geschichtlich wertvolle Aufschlüsse. In jeder mittelalterlichen Stadt bildete für die eine besondere Sorge außer der Stadtväter der Stadtmauern mit Türmen Erhaltung und Toren, neben den Kirchen und Kapellen und Klöstern auch die Herhaltung und Aus¬ gestaltung des Spitales. Auch die Stadt Enns hatte schon frühzeitig ein Spital für * Greise und Arme der Stadt¬ Kranke bewohnerschaft, hauptsächlich der Bürger. Es liegt außerhalb der Stadt am Espanbach zwischen dem Schmiedtor und der Sankt¬ Laurenz=Kirche an der großen Landstraße An dieser 200 Meter weiter westlich aber lag das sogenannte Sundersiechenhaus (an der Staffleitnerhauses, Stelle des heutigen oder Leprosenheim, dessen Landstraße 2) Bau im Zeitalter der Kreuzzüge etwa um 1200 notwendig wurde, um die bedauerns¬ werten Opfer des furchtbaren schleichenden Aussatzes oder der Lepra, die sich manche Teilnehmer an Kreuzzügen oder Pilgerzügen im Morgenlande geholt hatten, aus der Bewohnerschaft für immer aus¬ übrigen cheiden zu können. Der Ursprung des Spitales liegt wohl auch in diesen ernsten Zeiten der Stadt, etwa um das Jahr 1300 oder etwas früher. Ein großer Bau mu mächtigem Dache und ein anschließender Meierhof. Der Turm der Spitalskirche, der ist noch mit malerischem Walmdache überhöht und in dessen Winkel mit der Kirche wie ein Schwalbennest das Mauthäuschen der Stadt Enns eingefügt ist, zeigt jedoch durch roma¬ nische Bauformen in seinem Untergeschosse und Wandmalereien, daß er einst einen romanischen Kirchlein zugehörte. In der Barockzeit wurde dann das Kirchlein durch den großen Neubau der heutigen Spitals¬ kirche mit dem Spitalsgebäude zu einer großen wuchtigen Baugruppe verschmolzen wobei der Bach, der knapp am Westtor des romanischen Kirchleins floß, unter der neuen Kirche überwölbt wurde. Zahlreiche Stiftun¬ gen, zumeist an Grundstucken oder Burg¬ rechten von Häusern zeugen von der Mild¬ tätigkeit der Ennser im Mittelalter und die Stadtväter wetteiferten als Spitalmeister, dem Spital die Einkünfte zu erhalten und zu vermehren. Das Spital selbst, das der hei¬ ligen Elisabeth geweiht war, wurde gleichsan. der Mittelpunkt, um den sich ähnliche Wohl¬ ahrtsanstalten erhoben. Mehr gegen die Stadt hin, am Fuße des Schmiedberges, er¬ richteten die Bürger im Jahre 1561 das neue Bruderhaus, das Stift des Hl. Geistes. Es diente in den Franzosenkriegen als Ver¬ wundetenspital, später als Militärmagazin (Cihlarzmagazin). Oestlich am alten aufge¬ in unmittel¬ lassenen Friedhof beim Teich — barer Nachbarschaft des heutigen Kranken¬ 365 hauses — liegt ein späterer Bau, das soge¬ nannte Lazarett oder Armenhaus aus der Zeit, als das Spital bloß für die Bürger der Stadt vorbehalten wurde. Im Mittelalter aber erstand in der Stadt selbst in der Freiung nahe der landesfürstlichen Burg zu Enns noch ein Hospital oder Hospiz, das des der Johanniterordens am Nordausgange Stadt an Unser=Frauen=Tor, das zu Unser¬ im Lieben=Frauen=Kirche auf dem Anger, römischen Legionslager hinausführte. Das Hospiz bezog am Frauentor die Stadtmauer in den Bau mit ein und wandelte auch das obere Turmgeschoß des einen Torturmes zur Hospitalskapelle um. Der Johanniterorden, von dem noch das Johanniterkreuz auf der Spitze und über zwei Fenstern der Kapelle im Torturm wie auch auf den Grabsteinen, die einst in der Marienkirche am Markte ein¬ gelassen waren, dann aber als Pflastersteine Frau Josefine Rachle, Gerberei= und hausbesitzersgattin in Ebelsberg=St. Florian, starb am 7. Juli. dienen, Kunde in der Stadtturmgalerie geben, kamen kurz nach 1330 nach Enns. Die Stiftung dieser Ordensniederlassung und des Hospitales in Enns rührt wohl von den Brüdern Reinprecht und Friedrich von Walsee her, die als Burghauptleute in der benachbarten Burg wohnten und auch den Bau der Minoritenkirche, jetzt Stadtpfarr¬ kirche in Enns, so freigebig unterstützten. Um das Jahr 1350 wurde das Pilgerhospiz zur Zeit, als Pestseuchen in unseren Ländern wüteten, zu einem Spitale umgewandelt, dem eine große Stiftung dreier Ennser Bürgersfamilien, der Maulhart. Vol und Heresinger, zugunsten armer Leute zufiel, die in der Armerleut= oder Elenderleut=Zeche vereinigt wurden. Um das Jahr 1390 aber mußte der Johanniterorden, der andernorts in Schulden geraten war, das Spital an die Stadt verkaufen, die die Stiftungen lieber außerhalb der Stadt ins alte Spital über¬ — Der Bau des Johanniterhospizes ist trug. trotz mancher Wandlungen in der Benützung noch ganz deutlich in seinen alten Formen erkennbar, auch die frühgotischen: Bogen¬ fenster trotz ihrer Vermauerung. Ganz er¬ halten ist aber noch die Kapelle mit früh¬ gotischem Spitzbogenfenster; ihre Wände zieren Wandmalereien aus der Zeit um

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