Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1933

320 Sierning. Der Schneidermeister Herr J. Steinalt konnte am 24. Jänner sein 50jähriges Berufsjubiläum feiern. Dem Jubi¬ lar wurde von der Genossenschaftsvorstehung ein Ehrendiplom sowie ein fein ausgeführter Trinkpokal überreicht Molln. Am 24. Jänner starb die Bäuerin am Zinganellgute Christine Priller.Sie stand erst im 48. Lebensjahre. Sie hatte zwölf Kindern das Leben geschenkt, von denen allerdings nur fünf am Leben blieben. Großraming. Am 24. Jänner starb Ernst Hinterreiter, Flößer in Ober¬ pleißa, im 73. Lebensjahre. 25. Steyr. Am 25. Jänner trafen vom Rechnungshof in Wien Herr Ministerial¬ kommissär Dr. Hubert Ribitsch der Ab¬ teilung 8 (Kontrolle im Bereich des Bundes¬ ministeriums für Handel und Verkehr) und Ministerialrat Johann Blaschek der Ab¬ teilung 12 (Allgemeine Angelegenheiten der Verrechnung und Rechnungslegung) in Steyr zur Vornahme einer genauenRevision der Gemeindegebarung Steyrs ein. Die Ueber¬ prüfung, die schon für Anfang des Jahres 1931 angesagt war, erstreckt sich auf die Jahre 1929 bis Ende 1931. Steyr. Der Josefi=Kranken=Unerstützungs= Be¬ verein in Steyr konnte sein 50jähriges im standesjubiläum vermerken. Er wurde All¬ Jahre 1882 von den Herren Löbl, Uhlik, des ram und Lipp gegründet. Anläßlich 50jährigen Bestandes beschloß der Auschuß den Altersrentnern, Ausgesteuerten85 owie Notstandsunterstützungsempfängern, die Mit¬ glieder des Vereines sind, eine Jubiläumsgabe zu überreichen. Herrn Kommerzialrat Leopold Schagerl konnte für sein 30jähriges verdienst¬ volles Wirken im Verein der Dank ausge¬ sprochen werden. Steyr Ueber Vorschlag des Preisgerich¬ tes des Volksfestausschusses Amstetten hat die Ausstellungsleitung der Steyrer Ofen= und Sparherdfabrik Adalbert Doleschal, Direkti¬ onsstraße 11, für die Vorführung von her¬ vorragenden Erzeugnissen auf der Ausstellung in Amstetten die Goldene Ausstellungs¬ medaille samt Diplom zuerkannt. Steyr. Am 25. Jänner starb Frau Maria Mühlberghuber Fuhrwerks= und Re¬ alitätenbesitzerin am Grünmarkt in Steyr, im 67. Lebensjahre 26. Steyr. Unter dem Titel „Steyr in Not“ richtete die Dichterin Enrica (von) Handel=Mazzetti folgenden von den namhaftesten Schriftstellern unterzeichneten Aufruf für die Stadt Steyr an die deutsche Welt: * „Es wird dreißig Jahre dauern, bis die Felder, in die der Krieg seine Granat¬ öcher schlug, seine Wehrgänge wühlte, wieder im Frühling blühen und im Sommer Frucht tragen. Es wird noch länger dauern, bis die Wunden des Weltkrieges in der Ethik der Völker und im Wirtschaftsleben überstanden ind. Ganz Europa mit der Vielfalt seiner Nationen und Kulturen trägt die Züge des Leidens, und von wievielen Städten, ehedem Zentren des Wohlstandes, regen Treffpunkten der Industrien, gilt das Wort: „Wie liegt einsam die Volkreiche, zur Witwe geworden, die sonst Völkern gebot!“ Dieses Schicksal hat auch Steyr, unsere alte Eisenstadt, getroffen. Einst die wichtigste Stadt des alten Oester¬ 553 reichs der Ferdinande und Maximiliane, Herzpunkt reicher patrizischer Kultur und völ¬ kischen Kunsthandwerkes im ausgehenden Mittelalter und im Barock auch im 19. und 20. Jahrhundert eine heitere bewegliche, be¬ triebsfleißige Stadt, ist Steyr nach dem Kriege langsam, aber unrettbar zu¬ ammengebrochen, die Arbeitslosigkeit nahm zu, die Hilfsquellen stockten, mehrmals wurde der drohende Stadtbankrott mit äußerster Anstrengung noch abgewandt — jetzt ist er da.— Das schöne, liebe Steyr „Klein=Nürnberg“ mit seinen reizenden alten Bauwerken; das Steyr, das Schu¬ bert liebte; das Steyr, das den einzigartigen Meister Blümel¬ des Stahlschnittes, huber, zu seinen erlauchten Söhnen zählt; das Steyr, wo ich meine „Arme Mar¬ garet“, meine „Stephana Schwert¬ ner“ schaffen durfte, die das deutsche Volk mit großmütiger Liebe ans Herz nahm; dieses chöne, liebe, alte Steyr leidet; zur Witwe geworden, die einst Herrin war! — Die Be¬ triebe stehen still, die Schulen sind mit Schließung bedroht, die armen Kleinen ver¬ langen Brot, und es ist niemand, der es ihnen bricht! Dieses gute Steyr, uns Künstlern als Stadt landschaftlicher Schönheit, vornehmer bau¬ licher Eigenart lieb und wert; das sagenum¬ wobene Steyr, auf dessen alten Plätzen, Gassen und Stiegen, unter dessen seltsamen Torstürzen Frau Sage uns ihre Kleinodien — dies Steyr wollen wir Deutsche reicht — nicht verlassen, und wir Künstler müssen es schützen und stützen. Wir Künstler, denen Steyr ein Symbol, ein Wahrzeichen geheimnisvoller Art ist, bitten alles, was deutsch und edelherzig ist: — Helft Steyr! Hier hat deutscher Geist und Arbeitsfleiß Größtes geschaffen, hier ist deut¬ sche Dichtung erblüht, hier ist deutsche Weise erklungen; lasset, deutsche Brüder, Stadt Steyr nicht im Stich Gott segne jeden, der den armen Kindern von Steyr das Brot reicht, nach dem sie ver¬ langen, und der die Steyrer Arbeits¬ kraft wieder flügge werden läßt Um der Männer Arbeit willen, um ihrer Kinder willen, um der Schönheit der Stadt willen und um der deutschen Kunst willen, der dieses arme Steyr unerschöpfliche Motive bot, bitten wir:

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