Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1932

393 nicht nur selbst ein gutes Einkommen hatten, sondern auch diesem entsprechend Steuern zahlten, weswegen, wie erzählt wird, einzelne kurzsichtige Herrschaften die Herstellung bequemer Straßen zu verhindern suchten, damit die Steuern aus den Vorspanngeschäften nicht herabgingen. Die Wagen, welche nicht Waren, sondern Personen beförderten, ließen sich bei Bergen keine Vorspann geben, sondern die Insassen erhielten da die Aufforderung, auszusteigen und manchmal dazu auch noch die Einladung, am Wagen anzuschieben. Das Abwärtsfahren war bei den alten, steilen Bergstraßen gefährlich, zumal es früher auch noch nicht die jetzigen Wagen¬ bremsen gab, sondern man sich nur mit „Radschuhen“ abhelfen mußte. Damit niemand das Einlegen des letzteren übersah, ließen die Behörden auf den Straßen¬ höhen Warnungstafeln anbringen, auf denen ein Radschuh im Bilde (für die des Lesens Unkundigen) zu sehen und überdies zu lesen war, daß die Nichtanwendung des Radschuhes mit einer Geldstrafe geahndet werde. Ein anderes sehr lästiges Hindernis auf den alten Fahrstraßen waren die so vielen „Wegmauten, indem sich die Fuhrwerke wiederholt durch Schranken abge¬ sperrt sahen, die sich nur gegen Leistung einer bestimmten Gebühr zur Straßen¬ herhaltung hoben. Die letzten Wegmauten wurden erst in den letzteren Jahrzehnten aufgelassen. Trotz all dieser Hindernisse herrschte aber auf vielen Fahrstraßen sehr großer Verkehr und wie früher das Saumroß, so brachte jetzt das Fuhrroß den an der Straße liegenden Orten und Gasthäusern vielen Nutzen. Im 19. Jahrhundert verschwand übrigens auch das Fuhrroß so ziemlich aus dem öffentlichen Verkehr — und an seine Stelle trat das Dampfroß, durch das die früher blühenden Straßengeschäfte und =wirtschaften umgebracht wurden, was jetzt das „Autoroß“ noch vervollständigt. Allmählich ging man aber daran, die ärgsten aus den alten Saumwegen ver¬ bliebenen Höhen der Fuhrstraßen umzulegen; ein Haus, sagt man, soll man zweimal bauen können, bei den Bergstraßen aber scheint es, daß erst die dritte für alle Fälle brauchbar wird, was gar manche Orte beweisen. In Oberösterreich hat sich der Statthalter Eduard Freiherr von Bach (1851—1863) sehr große Verdienste um die Umlegung von Bergstraßen erworben, doch waren die „Bachischen Straßen“, deren Ueberreste ja noch wiederholt zu sehen sind, auch noch weit zu steil und die richtige Straßenumlegung fand und findet erst statt, seitdem das Land für solche Zwecke große Beihilfen bewilligt, diese aber nur dann gibt, wenn bei den Bergstraßen die „Normalsteigung“ nicht überschritten wird. Die Erbauung von Fahrwegen geschah zuerst in belebteren Gegenden, während in anderen Gebieten die Saumwege noch lange allein bestehen blieben, zumal im Mühlviertel; hier scheinen noch im 18. Jahrhundert in Baurechnungen „Trager¬ löhne" für Beförderung von Materialien über die Donauleiten auf, so z. B. zwei Pfennige für jedes Stück Ziegel und sechs Kreuzer für einen Metzen Kalk. Ja. auch Gielge, der 1814 eine Beschreibung der oberösterreichischen Orte herausgab, kennt noch Orte im Mühlviertel, zu denen kein Fahrweg führte. Wurden schon, wie bereits erwähnt, bei Herstellung der ersten öffentlichen Fahrstraßen die alten Saumwege wiederholt noch benützt, so geschah dies fast regelmäßig bei der Schaffung der ersten Gemeinde= und Ortschaftswege. Wenn man dies festhält, wird man sich nicht mehr soviel darüber wundern, daß, wie man oft hört, unsere Vorfahren die Fahrwege gerade über steile Höhen angelegt haben; die Vorgänger dieser Fahrwege, die Saumsteige, wurden eben, wie schon früher gesagt worden ist, absichtlich über die Höhen geführt und man tat das in der geraden, kürzesten Linie um so unbedenklicher, als ja Wegsteilheiten den Tragtieren nicht soviele Schwierigkeiten bereiten als den Zugtieren. Und wenn oft auch gesagt wird, daß eine alte Straße von diesem Pfarrorte zu jenem gerade alle Höhen aufgesucht habe, so ist zu bedenken, daß einheitliche Straßen von einem größeren Orte zum anderen nicht so bald erbaut wurden, sondern daß man zunächst nur die alten Verbindungswege zwischen den Ortschaften zu Straßen erweiterte und so dann oft auf Umwegen — zum nächsten größeren Orte fuhr. Will man alte Saumwege auffindig machen, so achte man u. a. auf Ortsnamen, die zusammengesetzt sind mit „Schöf“ z. B. Schöfau, Schöfholz, d. i. Schöf¬

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