Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1932

392 aneinander gebunden und von je einem „Säumer“ (auch „Samer“) geführt. Die Wege waren schmal und zwei auf einem Berge oder in einem Hohlwege sich begegnende Säumerzüge hatten alle Not, einander auszuweichen. Dafür waren aber für die einzelnen Samerartikel verschiedene Wege bestimmt, auf dem einen wurde z. B. Salz und auf dem anderen Wein gesäumt, wodurch Bezeichnungen wie Salzweg, Weinsteig usw. entstanden sind. Mit den einzelnen Artikeln mußten übrigens auch deswegen bestimmte Wege eingehalten werden, weil von solchen Artikeln verschiedene Orte das Zoll= oder Mautrecht erlangt hatten, besonders vom Salz, und diese Orte sahen strenge darauf, daß die betreffenden Warenzüge ja nicht vorbeigeführt wurden, sondern im Orte selbst einlangten und die Maut entrichteten und so den Gemeindesäckel füllen halfen. Andere Orte hatten das „Stapelrecht", d. h. es mußten dort die durchgehenden Waren abgeladen werden, wobei dann die Ortsbewohner das Vorkaufsrecht hatten. Gold wurde in Mengen nie „gesäumt", daher es auch keinen Goldsteig gibt, wohl aber gab es mehrere „goldene Steige“, so genannt von dem reichen Erträgnisse, das diese Wege wohl nicht den Säumern selbst, aber für die an diesen Wegen liegenden Mautorte und Gasthäuser (Tavernen) abwarfen. Den Namen „goldener Steig“ führt z. B. der Saumweg, welcher von Urfahr über Gallneukirchen, Neu¬ markt und Freistadt nach Böhmen führte. Auf diesem Wege gab es eben gar zahl¬ reichen Verkehr, da die österreichischen Herzoge, um den Stapelplatz Freistadt möglichst zu heben, auch durch Straßenzwang, durch den verschiedene Waren nur hier geführt werden durften, nachhalfen. Dadurch litt aber der Verkehr auf einem anderen Saumweg, nämlich auf der von Urfahr über Neufelden nach Böhmen gehenden sogenannten „Königsstraße“ so sehr, daß 1592 die Neufeldner sich beklag¬ ten, es sei nunmehr der Wert ihrer Häuser auf ungefähr ein Viertel von früher herabgesunken. Das Säumen selbst war ein beschwerliches, oft auch gefährliches und wenig Handwerk. Es waren die erträgliches —auch auf den „goldenen“ Steigen — Säumer häufig nur kleinere Besitzer, welche sich einige Pferde hielten; sie waren auch zu den wichtigsten Arbeitszeiten vom Hause abwesend und fast ihr ganzer Lohn blieb wieder auf der Straße. Auch große sittliche Nachteile brachte das Säumer¬ geschäft; zu Hause litten Familienleben und Kindererziehung durch die lange Abwesenheit der Säumer und für diese selbst blieb das Leben auf den Straßen und in den Straßenschenken um so weniger ohne schädliche Wirkungen, als sie ja auch oft lange am Besuche des Gottesdienstes und religiöser Unterweisungen verhindert waren. Gewissenhafte Herrschaften sahen deswegen mit Strenge darauf, daß sich aus ihren Untertanen nur solche am Säumen beteiligten, die sich eines guten Rufes erfreuten, und wurde ihnen die Zeit der Abreise und Ankunft in den einzelnen Orten vorgeschrieben und das Spielen um Geld unter bedeutender Strafe verboten Ja, manche Herrschaften sahen im Samerhandwerk geradezu den wirtschaftlichen sittlichen Ruin ihrer Untertanen und verboten ihnen das Säumen ganz. und Solche Maßregeln hatten gute Wirkungen; es wurde so bei den Säumern das Personal vermindert, unwürdige Elemente ausgeschieden und das ganze Samer¬ handwerk gewann sehr an Ansehen. Die ordentlichen Säumer schlossen sich in Zünfte zusammen, welche behördlichen Schutz genossen und als Patron den hl. Winthir verehrten, der um die Mitte des 12. Jahrhunderts Vorsteher eines großen Samer¬ wesens in Bayern gewesen war. Weil der hl. Nikolaus bei einem Meeressturme durch sein Gebet einmal Hilfe brachte, so wurde er als „Wasser= und Sturmpatron verehrt und erbauten ihm nicht bloß die Schiffahrer an den Flüssen, sondern auch die Säumer auf sturmreichen Höhen Kirchen und Kapellen. Mit Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden endlich Fahrstraßen und allmählich wurden nun aus den Säumern „Landfahrer“, auch „Scheiben= (= Rad) boten genannt, welche auf einem mit sechs Pferden bespannten Wagen bei 200 Zentner aufluden. Da aber die neuen Fahrwege wiederholt streckenweise nur durch Verbreiterung der alten Saumwege geschaffen wurden, so waren sie häufig elend es siedelten sich an und steil genug. So entstand jetzt das „Vorspanngeschäft"; Straßenbergen Gasthäuser an, welche immer Vorspannpferde bereit hielten und

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