Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1932

383 Der Kühtausch. Ein Schmugglerstücklein. Von Anton Schott. Der hintere Habicht und der Peter in der Gottsherberg haben einen Kühtausch vor. Daran wäre sonst gar nichts Besonderes. Ein wenig Handel und Tauschgeschäft müssen die weltabgelegenen Bergeinöder zeitenweise haben, um etwas Abwechslung in das eintönige Einöderleben zu bringen. Doch entlang der Wasserscheide läuft die Landesgrenze, und der Hof des hinteren Habichts liegt jenseits dieser, und das Häusel „in der Gottesherberg“ diesseits. Was an Gut oder Ware über die Grenze gebracht wird, soll nach altem Herkommen verzollt werden. Auch eine Kuh. In diesem Falle sogar zwei Kühe. Daran spießt sich der Tauschhandel, spießt sich sogar so, daß er beinahe aus den Fugen gehen will. Den Aufschatz ist der Habicht schuldig. Das kennt und rechnet jeder, und über dessen Höhe ist man nach acht Tagen gründlichen Feilschens glücklich übereingekommen. Aber wer soll den Zoll zahlen? In diesem Falle den doppelten Zoll; geradeaus vierzig Mark. Der Habicht? Aufschatz und Zoll? Wo käme er da hin? Da kaufte er so ein Kuhvieh schon beinahe. Der Peter? Was bliebe denn nachher vom Aufschatz und vom ganzen Handel? Also den Handel lieber bleiben lassen. „Bleiben lassen? Nein,“ trutzt der Habicht. „Der Handel gilt, wie wir ihn zusammengeredet haben, und . .. Zoll zahlen wir dem Gesakert keinen Pfennig. Nicht einen Pfennig, sage ich.“ 27 „Schwärzen? entsetzt sich der Peter, „daß die Kühe ganz hin sind und wir ein jeder fast halb? „Auch nicht. Kann alles seinen gesetzlichen Weg nehmen ... bis aufs Zahlen Und auf das lassen wir uns keiner ein. Verstehst mich? So und so, und ... Wirst sehen, daß es geht. Und am nächsten Mittwoch, wenn Austriebstag und der Tierarzt am Zollamt ist, wird umgetrieben. Verstehst mich? Wirst sehen, daß es geht. Und aufs Zahlen lassen wir uns keiner ein.“ Am nächsten Mittwoch, einem der beiden, allmonatlich festgesetzten Tage für den zollamtlichen Viehverkehr, treiben die beiden mit ihren Kuhviehern beim Zollamte an, als schon längst der größte Rummel vorüber und die Straße vor dem Neben¬ zollamte wieder so leer und öde geworden ist wie sonst allerwegen. Nur die Zoll¬ schranke ist noch zu wie gemeiniglich an diesem Tage. Der Habicht kommt von der Seite, der Peter von der anderen. Da gibt es einen geflissentlichen kleinen Turbel mit den anscheinend rauflustigen Kuhviehern, und bis sie wieder zur Ruhe gebracht sind, hängt des Habichten Kuh diesseits, und des Petern Scheckel jenseits der Zollschranke. Der Peter bleibt bei den Tieren wie ordnungschaffend stehen und der Habicht geht ins Zollamt. „Täten gern zwei Kühe verzollen,“ meldet er in der Kanzlei. „Eine geht hinüber, eine herüber. Ein Tauschhandel, ein recht matter. Wenn der Zochen nicht den Zoll zahlen müßte, möcht ich eh' nicht.“ Der Tierarzt geht hinaus und besichtigt beide Kühe Nach gemeinem Befunde fehlt keiner etwas. Also steht einem Herüber= und Hinüberbringen nichts im Wege. sobald der Zoll ordnungsmäßig berappt ist. Das will er auch in der Kanzlei auf den amtlichen Befundschein schreiben, aber er kommt damit nicht ans Ende. „Also ruck' mit den Geldern heraus, auf daß wir wieder weiter kommen!“ fordert unterdessen der Habicht vom Petern, da der Zolleinnehmer den Betrag genannt und schon auf die Zollquittung geschrieben. „Ich?“ verwahrt sich der Peter. „Wer denn? Ist ja so ausgehandelt worden.“ „Jasonst etwas! Du mußt so und so viel Aufschatz geben und den Zoll zahlen. So ist ausgehandelt worden. Verstehst? Möcht' wissen, wie ich dazukäme...“

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