Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1932

360 Und Christine fügte hinzu: „Alles bleibt beim alten, Gilbert. Bloß daß du jetzt .., sie errötete verlegen, „mit Ferdinand alles besprichst, wie mit mit meinem. Vater selig! Weißt du, Gilbert, er heißt Ferdinand,“ fuhr sie mit noch tieferem Ja, und er sagt, die Erröten fort, „Ferdinand Grody! Klingt das nicht hübsch? ... höhere Landwirtschaft hätte er auch studiert . . . Nun mußt du aber auch ein Glas Wein auf mein Wohl trinken ... So war der Friede hergestellt. * In den nächsten Tagen erfuhr der alte Gilbert manches, das ihm schwer zu denken gab. Der „Fremde“, wie er ihn bei sich immer nannte, war an dem Abend noch in den „Silbernen Pflug“ im Dorf eingekehrt. Ein paar Bauernsöhne saßen da beim „Sechsundsechzig“. Durch die Mägde war es schon bekannt geworden, daß ein auswärtiger bevor¬ zugter Freier auf dem Kreuzhof gewesen war. Es hatte die jungen Leute nicht wenig erbost, daß ein „Fremder“ ihnen den stolzen Hof und das schönste Mädchen vor der Nase wegschnappte. Als nun Ferdinand Grody breitspurig „eine Flasche vom Besten“ forderte und dem Wirt auf die landesüblichen Fragen nach Woher und Wohin protzig Bescheid tat und sich als „zukünftigen hiesigen Gutsbesitzer“ aufspielte — wußten alle sofort, wenn sie vor sich hatten. Feindselige Blicke hefteten sich auf den Eindringling. Nur der Wirt, der einen künftigen guten Kunden in ihm witterte, sagte freundlich: „Ah, der neue Kreuzhof¬ bauer? Gratuliere! Ja, wer das Glück hat, führt die Braut heim! Die Kreuzhof¬ Wird ja nun dein Nachbar, Gerd * „ * christl hat massenhaft Körbe ausgeteilt Haselkamp,“ wandte er sich an einen der jungen Leute. „Nachbar?“ fiel der Fremde ein. „Ei, da müssen wir ja anstoßen! Prosit, Herr Nachbar! Herr Wirt, ein Paar Flaschen für die Tafelrunde! Ich zahl's!“ Gerd Haselkamp rührte sich nicht. Seine Stirn überflammte rot. Ein gefähr¬ liches Flimmern kam in seine Augen. „Ich bezahl' selbst, was ich trink'!“ knurrte er. Die anderen brummten: „Wir lassen uns nicht vom Fremden traktieren.“ Spöttisch sah Grody sie der Reihe nach an. Haha! Abgewiesene Bewerber! Zum mindesten der Gerd Haselkamp. „Aber, meine Herren, warum so feindselig?“ lachte er überlegen. „Bin ich in Ihr Revier eingebrochen? . . . Was kann ich dafür, wenn ein hübsches Mädel Ge¬ Ja, schneidig fallen an mir hat? Bin halt 'n forscher Kerl! Ich kam, sah, siegte! ... Kavallerieattacke — im Sturm nehmen! Hab' bei der Garde muß man vorgehen — in Berlin gedient! 7 „Ich auch, sagte Gerd Haselkamp und reckte seine Hünengestalt auf. „Wollt' keinem raten, mit mir anzubinden.“ „Wer spricht denn von anbinden, meine Herren? Gute Freundschaft wollen wir halten. Da, meine Hand!“ Aber er begegnete nur finsteren Blicken. „Wir sind nicht gleich Freund mit jedem Hergelaufenen, wo man nicht weiß, da achter steckt!“ rief Heinrich Paßhoff herausfordernd. thas „Was, hergelaufen? Ihr steifnackigen Bauernflegel! . . .“ Er vollendete nicht, eine Faust fuhr ihm ins Gesicht. Wütend drangen die Gegner auf ihn ein. denn mit Mühe verhinderte der Wirt eine Prügelei. Nur Gilbert schüttelte bekümmert den Kopf, als er dies alles erfuhr. Der würde sich seinem hochfahrenden Wesen wenig Freunde erwerben! Nee, nee, daß die mit stel so verblendet war! Ein Unglück für den Hof wurde das! Chris Und noch etwas erfuhr er. Der Viehhändler Jakobs, der seit vielen Jahren auch auf dem Kreuzhof das Vieh einhandelte und weit hinaus ins Land kam, wurde von dem alten Getreuen in ein scharfes Kreuzverhör genommen. Er schupfte ver¬ legen die Schultern, wollte nicht mit der Sprache heraus. Auf des Alten Drängen gestand er schließlich: ja, mit der Sägemühle bei Schleiden habe es seine Richtig¬ keit . . ., bloß, — hm! — bloß daß es ein altes, unrentables Werk sei und ..

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