Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1932

302 Steyr. Die Unterstein¬ d. Aschach a. Mitteregg verlor die in leitner=Familie Frau Marie Baum¬ Gattin und Mutter gartner. Sie stand im 67. Lebensjahre. Am 23. Jänner starb Losenstein. Besitzer am Reitner, Herr Johann 59. Lebensjahre. Gspörrergute, im Unser heimischer Künstler 3 24. Steyr. Professor Hans Gerstmayr hat ein herr¬ Kunstwerk geschaffen, das anläßlich der liches des Gründungstages der Wiederkehr 115. Tiroler Kaiserjäger in der Hauptversamm¬ des Alt=Kaiserjägerklubs in Innsbruck lung dem Ehrenmitgliede Abt Heinrich Schuler des Chorherrenstiftes Wilten als sichtbares Zeichen der Dankbarkeit der Kaiserjäger¬ Offiziere für die Verwirklichung der Stiftung „zum ewigen Gedenken an die vier Tiroler Kaiserjäger=Regimenter“, feierlich überreicht wurde. Es handelt sich um ein einzigartig künstlerisch ausgefertigtes Abtkreuz. Das Kreuz samt vier in den Stoßpunkten der Kreuzbalken liegenden ziselierten Edelweißen wurde aus einer 70X115 Millimeter großen und sechs Millimeter starken Silberplatte aus der Corpus Christi münzartig Vollen — dem her¬ Flachrelief aus dem Kreuzbalken im Dieses Kunstwerk hat Pro¬ ausgeschnitten. Gerstmayr, der an der Bundeslehran¬ fessor und stalt für Eisen= und Stahlbearbeitung für Elektrotechnik in Steyr Professor für Metallveredlung und Gravieren ist, sowohl entworfen wie auch hergestellt. 25. Steyr. Bürgermeister Sichlrader richtete an Enrica von Handel=Mazzetti, die Dichterin der „Stephana Schwertner“ und der „Armen Margaret“ folgendes Schreiben: „Wenn die deutsche Kulturwelt Ihren 60. Ge¬ burtstag zum Anlasse nimmt, um die größte Schriftstellerin zu feiern dann darf in der Reihe der Wünschenden die Stadt Steyr nicht fehlen, deren Name durch ihre Romane neuerlich in der Kulturwelt be¬ kannt geworden ist. Und so erlaube ich mir, Ihnen im Namen der Stadt Steyr die herzlichsten Glückwünsche zu übermitteln. Sie sollen wissen, daß an diesem Tage auch die Stadt Steyr, deren schwere Vergangen¬ heit Sie so meisterhaft zu schildern wußten, Ihrer in Verehrung vor allem deswegen ge¬ denkt, weil sie in Ihnen eine Verkün¬ derin der Menschheitsliebe sieht eine Vertreterin der wahren Tole¬ ranz, die mit edlem Freimut auch die Welt¬ anschauung Andersdenkender achtet. Wenn Sie nunmehr ein Alter erreicht haben das den meisten Menschen eine Bürde dünkt, die an Schriftstellerin Handel=Mazzetti wird sie diesem Tage die Gewißheit erlangen, daß zu den großen Frauen gehört, die ihrem Volke Erhabenes und Edles gegeben haben und daher nicht vergessen werden können. Dieser Gedanke des Fort¬ lebens in den Herzen der Menschen vermag die Spannkraft des Geistes zu erhalten, und o habe ich die volle Ueberzeugung, daß das Lebenswerk Enrica Handel=Mazzettis noch nicht abgeschlossen ist und daß sie ihrem Volke noch lange erhalten bleibt. Das wünsche, ich aus ganzem Herzen der Dich¬ terin und Frau. — Die Dichterin antwor¬ tete mit folgendem Schreiben an Bürger¬ meister Sichlrader: Linz, 25. Jänner 1931. Hochverehrtester Herr Bürger¬ meister! Ich bin in Ihrer Schuld für den o warmen und schönen Brief, den Sie mir zu meinem Feste geschrieben haben. Es be¬ wegt mich tief, daß mein Jubiläum von allen Parteien einmütig in so er¬ hebender Weise gefeiert worden ist. Kein Mißton mischte sich in die Feststimmung und dankbar rühme ich die Objektivität, mit der auch jene Kreise, deren Weltanschauung nicht die meine ist, zur Verschönerung des Fest¬ —Sie berühren tages beigetragen haben. in Ihrem Glückwunschschreiben die Ver¬ bindung meiner Kunst mit Steyr. Ja, es ist richtig, die alte Eisenstadt hat großen Teil an meiner Kunst. In Steyr sind ja, außer Margaret und dem Deutschen Recht, alle Szenen des ersten meines Teiles meiner Stephana, Lieblingswerkes, das wohl immer mein Hauptwerk bleiben wird, gewachsen. In Steyr empfing ich den dichterischen Impuls zu Stephana, er wuchs mir zu vor dem Schrein der hl. Euphemi'a in der Vorstadtkirche, er stieg geheimnisvoll aus der Extraausgabe auf, die im Juli 1909 den tragischen Tod der Marie Keßler uns meldete. In Linz dann, meiner zweiter lieben Heimatstadt, habe ich den zweiten und dritten Teil der Stephana geschaffen. Steyr und Linz haben also gewetteifert, mir die land¬ originellsten chönsten, chaftlichen und folkloristischen Eindrücke zu vermitteln, die dann in meinem Werke Wesenheit geworden sind. Beiden Städten gebührt also mein Dank, meine Liebe; beiden gehört mein Hof¬ — Herz. Ich teile es zwischen beiden. rat Berger, der große Nachfolger Adalbert Stifters, hat in seiner herrlichen Festrede am 10. d. M. (Jänner 1931) meine Kunst als Heimatkunst geschildert und zugleich ein meisterliche Definition der Heimatkunst als Auch im Begriffe Heimat¬ solcher gegeben. — kunst tötet der Buchstabe und der Geist macht lebendig. Berger legt die Heimatkunst nicht in Fesseln der Lokalhistorie und der Lokal¬ diktion; beides sind nur dienende Genien der Heimat seele, die im Kunstwerk unwider¬ stehlich uns ansprechen und ergreifen muß. Das, verehrtester Herr Bürgermeister, ist, wie ich Ihren Brief verstehe, auch Ihre An chauung. Sie sehen in neuer emsiger Arbeit ürs Volk, in neuen Werken echter Heimat¬

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