Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1931

383 Frauchen treibt Geographie. Ist es Ihnen nicht auch schon aufgefallen, daß viele Frauen sehr schwach in der Geographie sind?! Den Popokatepetl halten sie für einen Negerstamm, Lima verwechseln sie mit dem Lido, Celebes suchen sie in der Gegend „so um den Panamakanal herum“ und die Pfalz annektieren sie einfach für Preußen! „Wir wollen doch mal ein bißchen systematisch Geographie treiben,“ sagte ich zu meiner Frau. „Neulich, in der Gesellschaft bei meinem Chef, hast du Oslo für einen Schweizer Kanton und Bari für ein Nordseebad gehalten.“ „Du übertreibst mal wieder. Ich weiß gut, daß Bari an der Ostsee liegt.“ Ich rang verzweifelt die Hände. „Schatz, sagte ich, „so geht das nicht weiter. Du blamierst uns ja. Wir müssen regelrecht, ganz schulgemäß, Geographie treiben.“ „Bitte, wenn du tatsächlich meinst, ich hätte da ein paar kleine Lücken also her mit dem Atlas! Wir setzten uns nebeneinander aufs Sofa und schlugen den Atlas auf. Es war urgemütlich. „Zunächst,“ begann ich, „wollen wir also mal Europa vornehmen. Hier ist die Karte, nun such mir mal — na, sagen wir: Innsbruck. „Innsbruck — ach ja, ganz richtig: Innsbruck. Weißt du, du hast mir ja schon lange eine Reise nach Innsbruck versprochen. Wie wäre es, wenn wir unseren diesjährigen Urlaub dort verbrächten? Mir brach der kalte Schweiß aus. „Liebste,“ erwiderte ich mit Würde, „dieWissenschaft ist eine strenge Dame, da heißt es nicht abschweifen. Hier hast du eine Karte von Europa, also nun flunkere mir nichts von Ferien¬ plänen vor, sondern zeig mir, wo Innsbruck liegt.“ Ihr Zeigefinger fuhr großzügig auf der braungetönten Alpenlinie herum: „Hier irgendwo muß es sein, mitten im Gebirge. Uebrigens haben Lehmanns von nebenan sehr billig in Innsbruck logiert, ich muß doch 77 einmal Ich unterbrach. Ich packte den flanierenden Finger und stupfte ihn auf die richtige Stelle: „Hier liegt Innsbruck. Jawohl. Das hast du gut gemacht. Aber das war ja auch leicht. Nun wollen wir mal etwas weiter ausfliegen. Also nun such mir mal Madrid — ich nehme an, du weißt, daß es die Hauptstadt von Spanien ist.“ Ein empörter Blick traf mich: „Hältst du mich eigentlich für eine 77 Ignorantin? Was soll denn sonst die Hauptstadt von Spanien sein? Sie zog die Stirn kraus und suchte. Na, Madrid war harmloser als Innsbruck, da kam sie wohl nicht erst auf dumme Reisepläne — bei der Entfernung! Wer denkt denn auch an solche Kniffe der weiblichen Phantasie, wenn man ganz schlicht Geographie treiben will„ * * „ * 21 „Fern im Süd, das schöne Spanien,“ trällerte sie vor sich hin und guckte mich chelmisch an. Ihr Finger züngelte elegant übers Mittelmeer ..... „Na, weit davon bist du nicht,“ ermunterte ich. „Natürlich, ich weiß; siehst du: das ist Spanien!“ (Es stand auch groß genug gedruckt da!) „Aaa—sooo — Madrid — Madrid — werden wir gleich haben. Uebrigens, weißt du, daß die Bolero=Jäckchen, die jetzt Mode sind, aus Spanien kommen? Ich hab's neulich in meiner Hausfrauenzeit¬

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