Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1931

374 Für sehr viele wurden auch die Namen ihrer größeren Herkunftsorte zu ihren bleibenden Familien= oder Zunamen; aus Passau oder Pfarrkirchen Zugewanderte wurden „Passauer, „Pfarrkirchner“ zugenannt, weswegen nicht bloß unsere Hausnamen, sondern auch alle unsere Dorf=, Ortschafts=, Märkte= und Städtenamen sich vielfach in Familiennamen finden. Ganz besonders zahlreich sind die Familiennamen, die dadurch entstanden sind, daß man den Tauf= oder Personennamen des Vaters als Zunamen auf die ganze Familie übertrug, und zwar in der Regel die Kurz= oder Rufform dieses Namens. Es hieß z. B. ein Familienvater Konrad, in der Rufform Kainz, und Kainz ging als Zuname auf alle seine Kinder über. Die auf solche Weise entstandenen Familiennamen sind überaus zahlreich und die Schwie¬ rigkeit ihrer Erklärung kommt nur daher, daß die zugrunde liegenden Per¬ sonennamen und zumal deren Kurzform schon längst nicht mehr im Gebrauche sind; da „schreibt sich“ einer — der Zuname wird ja häufig auch Schreib¬ — z. B. Appel, das ist aber der Personenname Appold, oder name genannt Ripo usw. = Giselhard, Hönig = Huno, Lutz = Ludwig, Reiff = Gißl Eine Menge unserer Volksgenossen erhielt dann den Zunamen von ihrem Inhaber eines Stande oder ihrer Beschäftigung, z. B. Lehner oder Lahner Maier (in allen Lehengutes), Hueber (= Besitzer eines kleineren Gutes), Verwalter, Erb¬ möglichen Schreibweisen, auch Moir und bloß Mer (= Holz¬ Hackl pächter), Bäcker, dafür gewöhnlich Böck, Schuster, Schmied, hacker, wie man jetzt noch sagt Baumhackl anstatt Baumhacker), Kehrer (von kehren = leiten, nämlich das Wiesenwasser auf dem Lande, aber auch das Nauführer) usw. Schiff auf dem Wasser, daher im letzteren Falle Kehrer = Auch von besonderen körperlichen Merkmalen wurden viele Zunamen hergenommen, z. B. groß, lang, schwarz, braun. Hieher gehört auch die feine, mit einiger Bosheit vermischte Beobachtung unserer Vorfahren, in der sie Aehnlichkeiten zwischen Eigenschaften mancher Menschen und Diere zum An¬ laß nahmen, Menschen den Namen eines Tieres als Zunamen zu geben: da sind z. B. zu nennen: Fuchs, Bär, Dachs. Die Aeußerung besonderer Gemütsart und auffallendes Benehmen gaben gleichfalls wiederholt Anlaß zur Beilegung von Zunamen, wobei ungute Aeußerungen keineswegs geschont wurden, z. B. Schauer, Greiner, Köck, Resch (= schneidig Redender), Pröll (= heftig Auftretender) usw. Solch auffallendes Benehmen und ebenso die oben erwähnten besonderen körper¬ lichen Merkmale und Eigenschaften vererbten sich oft durch Jahrhunderte hindurch, so daß die von diesen Eigenschaften hergeleiteten Familiennamen häufig auch noch bei ihren heutigen Trägern zutreffen, weswegen man manch¬ mal Reden hört wie: „Der hat seinen Namen nicht umsonst, er heißt Lang und ist lang“ oder „er heißt Dachs und . . .“. Ich kannte einen kleinen, un¬ gemein lebhaften und beweglichen Mann, der Pammeißl (d. i. Baummeisel) hieß, also mußte doch die kleine Gestalt und das flinke Benehmen in seiner Familie schon durch Jahrhunderte erblich gewesen sein, denn sonst wären unsere Vorfahren bei der Namensnennung nicht auf die Baummeise gekommen. Und einmal kam ein fremder Mann zu mir, der eine ganz auf¬ fallende Brummstimme hatte; auf meine Frage, wie er heiße, antwortete oder vielmehr brummte er: „Brummer“ so daß es mich alle Mühe kostete, angemessenen Ernst zu bewahren. Manche ganz deutsche Familien tragen etwas auffallende Namen wie: Stern, Rose, Schaf, Ochs, Pflug, Pfandl usw.; solche Zunamen stammen von den alten „Hauszeichen“ her. Vor Einführung der Hausnumerierung hingen

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