Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1931

373 Die bürgerlichen und bäuerlichen Familiennamen. Bis ins 14. Jahrhundert gab es noch bei den deutschen Bürgern und Bauern keine erblichen Zunamen, sondern der einzelne hatte nur einen bestimmten Namen, den Personen= oder Taufnamen, den wir jetzt auch Vor¬ namen nennen. Verwechslungen solcher Personen, die in einem Orte den gleichen Namen hatten, suchte man in verschiedener Weise vorzubeugen: man verband häufig, was ja auf dem Lande auch jetzt noch oft geschieht, mit dem Namen des einen, auch den seines Vaters und, wenn nötig, auch Großvaters („Hansen=Sepp“, „Hansen=Seppen=Jörgl“) oder man fügte bei den allfälligen e Hausnamen („Talbauern=Poitt), oder die Herkunft („Rohrbäcker=Hias oder die Beschäftigung („Schmied=Naz“), oder eine körperliche Eigenschaft („Lang=Hans“) usw. Somit hatten auch schon in alten Zeiten viele Bürger und Bauern eigene Zunamen, doch waren diese rein persönliche, die sich nicht vererbten. Erst vom 14. Jahrhundert an kamen bei unserem Volke die eigentlichen, sich auf die Nachkommen vererbenden Zunamen allmählich in Gebrauch; es wurde aber da nicht ein erkünsteltes und deswegen unangenehm klingendes Machwerk geschaffen, wie das von einer Kommission in Oesterreich für die Juden geschah, als diese die bürgerlichen Rechte erhielten, sondern unser Volk hat sich die Zunamen selbst gegeben und das war eine natürliche Entwicklung überaus mannigfaltiger und anziehender Gestaltung. von Zunächst wurden natürlich die bereits erwähnten schon bisherigen, aber rein persönlichen Zunamen nach und nach zu erblichen Familiennamen und wurde schon dadurch eine sehr angenehme Abwechslung gefestigt, so gestaltete sich das Bild durch viele Neubeilegungen von Zunamen nur noch um so farbenreicher. Verschiedene Schlüsse hinsichtlich der Entstehung unserer Familiennamen gestatten uns die ältesten kirchlichen Matrikenbücher. Wir finden da z. B., daß die verschiedenen Hausnamen der Einschichtbauern durch¬ wegs zu Familiennamen der Inhaber wurden und daß der gleiche Zuname auch unverändert auf einen sonst fremden Besitznachfolger überging. Wir entdecken da ferner, daß Inwohner sehr häufig ihre Zunamen von dem Bauernhause hatten, zu dem das Wohnhäusel gehörte. Also man nahm es da nicht so genau, um die Verwandtschaften auseinander zu halten, und das diesbezügliche Beispiel hatte der Adel gegeben, denn von diesem pflegte auch jeder neue Besitzer einer Burg deren Namen anzunehmen, sowie das gleiche auch der dienstnehmende Adel tat, der sich ja auch in der Regel nach der Burg benannte, auf der er ein Amt ausübte. Aus dem Gesagten geht hervor, wie irrig die viel verbreitete Ansicht ist, es seien unsere jetzigen Hausnamen dadurch entstanden, daß der Gründer dieses Hauses an dasselbe seinen Familiennamen abgegeben habe; richtig ist vielmehr das Gegenteil, daß näm¬ lich die Hausnamen zu Personennamen wurden, denn erstere sind weit älter als letztere. Interessant ist folgende Beobachtung: Viele Einzelsiedlungen wurden nach dem damals noch einzigen Namen, also nach dem Personen¬ namen, des Siedlers benannt; das Haus, das z. B. ein Arnold gegründet hatte, hieß „Arnolter“, der Personen name wurde also zum Hausnamen; letzterer wurde dann später auch der Zuuname der Hausbesitzer und vererbte sich schließlich auch auf die vom Hause abgewanderten Leute.

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