364 ruhig dahin und ihre Wellen wispelten wahrscheinlich sich zu, welcherlei Ränke die Menschheit gegeneinander fähig ist und sich dadurch die kurze Spanne Zeit, die sie Leben heißt, selbst vergällt. Der Abt Nikolaus war mit dem Prior oben im Saale an ein Eckfenster, das die Aussicht sowohl auf die Enns, als auch gegen Steyr gewährte, ge¬ treten, und beide sahen mit stummer Bewunderung auf das herrliche Bild, das die Natur hier geschaffen. Endlich brach der Abt das Schweigen und bald war zwischen den beiden Patres ein Gespräch im Gange, im Laufe dessen sie den unliebsamen Unfall des heutigen Nachmittags fast ganz vergaßen. Es war mittlerweile stark dunkel geworden und einzelne Sterne zeigten sich bereits am klaren Abendhimmel, als der Prior, die Hand gegen Steyr aus¬ streckend, sagte: „Hochwürdigster Herr, seht doch einmal gegen Steyr — ist mir doch, als ob dort gegen die Pfarrkirche zu eine Rauchwolke aufstiege.“ „Wird wohl Nebel sein,“ meinte der Abt leichthin. „Ist sumpfig dort und Nebel nichts Seltenes um diese Zeit.“ Das Gespräch nahm seinen weiteren Verlauf, als plötzlich in der von Pater Prior angedeuteten Richtung eine Feuersäule zum Himmel schoß. Ehe sich die beiden Mönche noch darüber aussprechen konnten, schlug schon die große Glocke am Garstner Kirchturm an — es war kein Zweifel, das be¬ deutete ein großes Schadenfeuer und noch dazu in nächster Nähe. „Wo mag das Feuer sein?“ frug der Prior. „Ich fürchte, es brennt ein Klostergut, meinte nachdenklich der Abt. „Wenn nur nicht der Meierhof brennt!“ „Um Gotteswillen, das könnte wahr sein,“ rief der Prior bestürzt, und jetzt machte sich auch aus allen Teilen des Klosters Lärm und Geräusch ver¬ nehmbar — die Klosterleute eilten augenscheinlich ins Freie, vielleicht um zu retten, wenn der Brand nahe war. Auch der Abt und der Prior begaben sich in den Klosterhof, um nähere Kundschaft von dem Brande zu holen. Drunten kam ihnen aber schon ein Bauer mit verstörtem Gesicht entgegen. „Was gibt es?“ rief der Abt, Böses ahnend. „Brennt der Meierhof?“ „Es ist leider so, hochwürdigster Herr Abt,“ rief noch fast atemlos der Bauer. „Der ganze Meierhof samt den Getreidetristen an der Straße brennt lichterloh — es ist keine Rettung! „Und wie entstand das Feuer?“ forschte der Abt. „Erzähle, während wir zur Brandstätte eilen!“ „Oh, es ist eine schreckliche Geschichte,“ erzählte der Bauer, während er mit dem Prior an der Seite des Abtes rasch aus dem Kloster schritt. „Der RitterHartneid von Losenstein kam samt Gefolge vor etwa einer Stunde Meierhof geritten zum 7 „Also er ist der Brandstifter?“ frug überrascht der Abt. — „Er er und kein Anderer,“ berichtete der Bauer weiter. „Die Arbeits¬ leute saßen oben im Gespräche unter dem großen Eichbaume, als der Ritter dahersauste, an uns vorüber in den Hof hinein. Wir eilten, nach seinem Be¬ gehr zu fragen, allein er wetterte und fluchte, schalt uns zusammen und ver¬ langte Feuerzeug und Fackeln zu erhalten. Der Meier wollte fragen, zu was er derlei wohl brauche, allein der Ritter schnitt ihm das Wort ab und drohte uns niederhauen zu lassen, wenn wir derlei nicht rasch zur Stelle schafften.“ „Und Ihr habt es getan?“ frug finster der Abt.
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