Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1931

31. Steyr. Am 30. Juli erfolgte die Ab¬ fahrt der reichsdeutschen Austauschjugend vor Steyr und mit ihr zugleich trat die Steyrer Jugend ihre heurige Sommerreise an die See und nach den Hansastädten an. Die Reise ging zunächst über Salzburg, welcher Stadt ein dreistündiger Besuch abgestattet wurde. Dann erfolgte die Weiterfahrt mit dem Kinderzug nach Leipzig. Nach kurzem Aufenthalt ging es weiter über Magdeburg—Ludwigslust—Bad Kleinen, wo der Transport in Gruppen nack den endgültigen Bestimmungsorten aufgelöst wurde. Die Ankunft in Wismar, Lübeck und Rostock erfolgte am 31. Juli. Führer der Kinder war Prof. Gregor Goldbacher. Steyr. Im Sinne des Gemeinderatsbe¬ schlusses vom 16. Juli 1930 wurde der gesamte Autobusbetrieb der städtischen Gemeindeunter¬ nehmung „Geste“ am 31. Juli eingestellt. Da die Verhandlungen zwecks Uebernahme der Linien und der Garage durch eine andere Unternehmung noch nicht abgeschlossen waren übernahm die Steyrer Genossenschaft des der Transportgewerbes die vorher von „Geste befahrenen Strecken unter Benützung von Personenautos. Steyr. Die Zahl der beim Arbeitsamt Steyr zur Arbeitsvermittlung vorgemerkten Personen betrug Ende Juli bei einem Rück¬ gang um 121, 5642 Personen, davon bezogen 4688 eine Unterstützung. Auf die Stadt Steyr entfallen davon allein 2951 zur Arbeitsver¬ mittlung vorgemerkte Personen, von denen 2607 eine Unterstützung erhielten. Dies be¬ deutet eine Zunahme der Unterstützten um 36. Dank der Wiederaufnahme der Arbeit in den Autowerken war die Zahl der Vorge¬ merkten seit 15. Juli bis Ende Juli von 5007 auf 4488 zurückgegangen. Bad Hall. Der Kurort Bad Hall feierte am 30. und 31. Juli das Fest des 75jäh¬ rigen Bestandes der Landeskur¬ anstalten in Bad Hall. Am 30. Juli fand der ein Fackelzug statt. Der Hauptfestzug, 31. Juli, begann mit der Einweihung der neuen Wasserleitung bei der Pradermühle. Zu dieser Feier hatte sich bereits auch der Bundes¬ präsident Wilhelm Miklas eingefunden ebenso waren erschienen Landeshauptmann Dr. Schlegel, Sektionschef Löwenthal, Abt Schachermayr von Kremsmünster, Lan¬ desamtsdirektor Attems, Bezirkshauptmann Dr. Straznitzky=Steyr. Im Laufe des Vormittags traf auch der Bundeskanzler Dr. Schober ein. Die neue Wasserleitung wurde nicht bloß wegen der räumlichen Ver¬ größerung von Bad Hall, sondern auch wegen der Zunahme der Zahl der Kurgäste notwen¬ dig. Um ihr Zustandekommen hat sich der Ob¬ mann des Wasserleitungskomitees, Regie¬ rungsrat Ing. Pesendorfer, verdient ge¬ macht. Die Wasserleitung soll die gegenwärtige Generation überdauern. Bemerkenswert ist daß Bad Hall bis zum Jahre 1913 nur gegra¬ 343 bene Brunnen hatte; die zwei schon vorher bestehenden Wasserleitungen konnten nämlich für den allgemeinen Gebrauch, die eine wegen Bringung unreinen Wassers, die andere, weil ie die Badeanstalt zu versorgen hatte, nicht herangezogen werden. Dieser Zustand mußte geändert werden, als im Jahre 1912 eine An¬ zahl von ansteckenden Krankheiten zu ver¬ zeichnen war, die auf den Genuß schlechten Wassers zurückzuführen waren. Im Jahre 1913 konnte die erste Wasserleitung in Betrieb genommen werden. Sie nahm das Wasser von der Brandnerquelle. Die neue, zweite Wasser¬ eitung nimmt das Wasser von Schlederbach Das Werk wurde in zehn Monaten mit ei¬ nem Kostenaufwand von 300.000 S vollendet Die Wassermenge beträgt 40 Sekundenliter. Für die mehr als 2000 Meter lange Leitung wurden Eternitrohre verwendet. Die Weihe der selbsttätigen Hebmaschine wurde von Abt Schachermayr vorgenommen. Nach der Weihe sprachen der Landeshauptmann Dr. Schlegel und Bundespräsident Miklas. Um 11 Uhr wurde bei der Pfarrkirche Bundeskanzler Dr. Schober empfangen, nachher zelebrierte in der Pfarrkirche Abt Schachermayr die Fest¬ messe. Im Kurpark brachte sodann die Schul¬ jugend dem Bundespräsidenten und dem Bun¬ der deskanzler eine Huldigung dar. Im Saale noch Kurhalle fanden sich schließlich auch Ju¬ Landwirtschaftsminister Födermayr Bu¬ stizminister Slama, Minister a. D. und chinger, die Landesräte Hafner des Pfeneberger und die Abgeordneten ein. Bezirkes und der weiteren Umgebung Die Liedertafel Bad Hall sang bei Begleitung durch die Kurkapelle den „Chor zur Ein¬ weihungsfeier des Badhauses am 20. Mai 1855. Gedichtet wurde dieser Chor von dem Bad Haller Bürger Martin Hubinger und in Musik gesetzt von Engelbert Lang. Landes¬ hauptmann Dr. Schlegel verwies dann auf die Geschichte des Kurortes. Die Heilquellen sind ehr alten Datums. Die Auffindung römischer Legionsziegel bei der Guntherquelle und der auf keltischen Ursprung deutende Name Hall beweisen, daß das Solwasser bereits vor zwei benützt Jahrtausenden zur Salzgewinnung Tassilc Als der Agilolfinger Herzog wurde. von Bayern im Jahre 1777 das Stift Krems¬ münster gründete, wird als erste Gabe an das Stift die Salzquelle am Sulzbach in der einen Urkunde genannt. Aus vielen Urkunden gehl hervor, daß die Tassiloquelle und zeitweise auch die Guntherquelle durch viele Jahrhun¬ derte hauptsächlich zur Salzgewinnung, späte¬ tens seit dem 14. Jahrhundert auch zu Heil¬ zwecken benützt wurde. Zur Zeit der großen Not nach den Franzosenkriegen, als Handel und Gewerbe darniederlagen, hat man sich darauf besonnen, welch große wirtschaftliche so Bedeutung den Heilquellen inne wohnt und ist es gekommen, daß in diesen Jahren des Elends die Heilquellen von Bad Hall auch die

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