Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1931

312 den Stadtplatz zum Rathaus. Auf der Fahrt dorthin wurde er von der Bevölkerung freu¬ dig begrüßt. Besonders begeistert war die Be¬ grüßung vor dem Rathaus, wo sich eine große Menge von Steyrern eingefunden hatte. Im Sitzungssaal des Rathauses hielt Bürger¬ meister Sichlrader eine Ansprache. Er verwies darauf, daß die Wohlhabenheit Steyrs der Vergangenheit angehöre. Seit Jahren kämpfe die Stadt nun einen wahren Kampf auf Le¬ ben und Tod. Die Krise könne mit lokalen Mitteln nicht mehr bekämpft werden, die Stadt bedürfe der Unterstützung aller maßge¬ benden Stellen unserer Republick. Steyr, das ei heute die Stadt der Not, des Elends und der bittersten Armut. Das Gespenst der Dauerarbeits¬ losigkeit breite sich über die Stadt aus. Der Bürgermeister bat sodann den Bundes¬ kanzler, dem vom Gemeinderat bereits vor eineinhalb Jahren unterbreiteten Sanie¬ rungsprogramm zur Verwirklichung zu verhelfen. Er richtete die Bitte um Unter¬ tützung auch an den Chef der Landesre¬ gierung, Landeshauptmann Dr. Schlegel. Der Bundeskanzler erwiderte darauf, er habe es als eine Pflicht angesehen, durch sein persön¬ iches Kommen demonstrativ das Interesse der Regierung daran zu zeigen, daß Steyr wieder zu einer Stätte blühender Arbeit werde. Er könne zwar noch nichts Positives sagen, aber er hoffe, daß es der Regierung gelingen werde, wieder Arbeit zu schaffen. Als Er¬ innerung an den Besuch des Kanzlers in schicksalsschwerer Zeit überreichte der Bürger¬ meister Dr. Schober und Dr. Schlegel eine goldene Ehrenplakette der Stadt, auch als Zei¬ chen, daß Bundes= und Landesregierung der armen Stadt helfen wollen. In der Bürger¬ meisterkanzlei nahm der Bundeskanzler in Anwesenheit der Bürgermeister Sichlrader, Bürgermeisterstellvertreter Dr. Messenböck, Magistratsdirektor Dr. Häuslmayr und Mini¬ sterialrat Dr. Korompay einen kurzen Bericht entgegen, der die Einzelheiten des Sanie¬ rungsprogrammes der Stadt zum Inhalt hatte. Dr. Schober besuchte dann noch Be¬ zirkshauptmann Oberregierungsrat Doktor Straznicky in dessen Kanzlei, besichtigte die Stadtpfarrkirche und fuhr dann in die Steyr¬ Werke, wo unter Führung der Herren Ver¬ waltungsrat Dr. Reich=Rohrwig, Direktor Markgraf und Direktor Baudisch eine kurze Besichtigung erfolgte. Bei der hierauf sogleich angetretenen Rückfahrt nach Enns verabschie¬ dete sich Dr. Schober vor dem Atelier in der Schlüsselhofgasse noch von Stahlschnittmeister Prof. Michael Blümelhuber. Der Besuch des Bundeskanzlers hat in Steyr tiefen Eindruck gemacht. Steyr. Am 29. März starb Frau Amalia Geiger, Private, im 70. Lebens¬ jahre. Die Verstorbene war die Mutter des Polizeiinspektors Anton Geiger. 30. Steyr. Am 30. März starb Herr Gott¬ fried Reis, Inhaber der Firma Pollatschek und Reis, im 80. Lebensjahre Steyr. In der Zeit vom 23. bis 30. März wurde in der Vorstadtpfarre eine religiöse Woche von zwei Salvatorianerpatres, dar¬ unter dem bekannten Missionär Pater Wenzel Raschke, abgehalten. Die Vorträge waren edesmal sehr gut besucht. 31. Steyr. Beim Arbeitsamte Steyr be¬ trug der Stand der zur Arbeitsvermittlung vorgemerkten Personen Ende März6684 (5117 Männer und 1518 Frauen und 19 lehr¬ tellensuchende Jugendliche). Gegenüber dem Vormonat ist dies eine Abnahme von 180 Personen. Die in diesem Stande nicht einge¬ chlossene Zahl der im Bezuge der Notstands¬ aushilfe stehenden Personen ist hingegen um 153 auf 1405 gestiegen. Der gesamte Unter¬ tützungsstand betrug 5845. (Rückgang 245). In der Stadt Steyr wurden zur Arbeits¬ vermittlung vorgemerkt 2492 Männer und 897 Frauen, zusammen 3389 (Rückgang 150) Der gesamte Unterstützungsstand betrug in der Stadt Steyr 3032 Personen (Rückgang 210). Steyr. Am 31. März starb Herr Andreas Wutzl, Kontrollor der Steyr=Werke, Wehr¬ grabengasse 7 wohnhaft gewesen. Ternberg. Am 31. März wurde Herr Josef Herz, Privat in Trattenbach, zu Grabe getragen. Er stand im 73. Lebensjahre Aschach a. d. Steyr. Am 31. März abends kam am Futterboden im Gehöfte der Bauerseheleute Johann und Josefa Zieber¬ meier (Wolfslehner) in Aschach a. d. Steyr Feuer aus, dem das Anwesen mit Ausnahme des gemauerten Stallgebäudes und des Wohn¬ hauses zum Opfer fiel. Der März hatte 3 Tage mit Schnee und 11 Tage Regen mit 71 Millimeter Wasser. Im Stadtgebiete Steyr lag vom 12. bis 15. eine Schneedecke, welche am 14. mit 13 Zenti¬ meter am stärksten war. Insgesamt fielen 18 Zentimeter Neuschnee. Mit Monatsende waren die Berge nordseitig bis 800 Meter chneefrei. Nebel wurde am 4., 5., 9. und 26., Reif am 9. und 22. beobachtet. Wolkenlos waren 3 Tage. Die Windrichtung war vor¬ wiegend westlich, die Windstärke mäßig. Das größte Temperaturmittel hatte der 30. mit + 9.9 Grad, das kleinste der 12. mit 1.1 Grad, das Monatsmittel betrug + 5.8 Grad C. April 1930. 2. Der nun veröffentlichte Rechnungsab¬ schluß für das 73. Verwaltungsjahr der Spar¬ kasse Steyr über das Jahr 1929 weist Gesamt¬ einnahmen von 26,473.694 S 20 g und Aus¬ gänge von 26,299.780 S 11 g aus, so daß sich (der Ausweis ist gültig für den 31. Dezember 1929) eine Barschaft von 173.914 S 09 g er¬ gibt. Das Spareinlagenkonto weist die Summe von 13,271.179 S 95 g auf. Die

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