376 „Hab keinen Schatz,“ sagte Huber kurz. Dann fügte er freundlich hinzu: „Von meiner Mutter ist der Brief. Sie bangt sich so; sie hat ja nur mich! Es klang sehnsuchtsvoll. „Ach ja, die Mütter,“ seufzte Heinz Elbing und seine Augen waren auf einmal feucht. „So ist auch meine! Immer voll zitternder Sorge. Du hast wohl auch eine so gute Mutter wie ich.“ 77 „Die beste, die es auf der Welt gibt!“ sagte Huber mit Betonung. „Aber, sag mal, Kamerad, wie wär' es dir, wenn nun einer es wagen wollte, über deine Mutter zu spötteln?“ warf Georg Hartrot hin. „Das würd' ihm schlecht bekommen,“ erwiderte Huber scharf. „Meinst du denn „Nur ruhig — ich setze ja bloß den Fall,“ beschwichtigte Hartrot. „Aber Huber, glaubst du wirklich, unser Herr Jesus sei ein schlechterer Sohn als du? „Wie — wie meinst du das?“ fragte Huber unbehaglich, und Ernst Bergdorff hörte zu rauchen auf. „Na, das ist doch klar! Denkst du, daß es ihm Freude macht, wenn du seiner Mutter jede Ehre und Liebe versagst? Geringschätzig von ihr als „der Maria“ sprichst und bei jeder Gelegenheit sie im spöttischen Tone herab¬ setzest? Er liebt seine Mutter mehr, als du die deine! Huber fiel in Nachdenken. „Hm! . . . Na ja — wenn du es von diesem Standpunkt auffassest Selbstverständlich! Das ist doch der einzig richtige, weil natürliche Standpunkt!“ „Ja — hm! ... allerdings — so hab ich's nie bedacht ... Aber so 77 unrecht hast du eigentlich nicht * „Und du, Bergdorff?“ rief Heinz Elbing. „Ich habe doch oft gesehen, daß du an deiner Uhr ein Medaillon hast mit zwei Bildern drin, die du oft beschauest! Ich weiß nicht, wen sie vorstellen, aber das weiß ich . Bergdorff wurde rot. „Meine Mutter und meine Braut sind es,“ sagte er leise. „Gut. Aber sag doch selbst: ist das Abgötterei, wenn man ein Bild von einem, den man lieb hat, bei sich trägt, es oft ansieht? Oder eine Photo¬ — graphie vor sich auf den Tisch stellt, meinetwegen auch Blumen davor sagt selbst, Kameraden, das gilt noch nicht dem Bild, dem Stück Papier 694 rff. oder Gips! Oder doch, Bergdor „Natürlich nicht,“ brummte der verlegen. „Na also!“ schloß Heinz Elbing nachdrücklich. „Weiter sag ich nichts! Dasweitere denkt euch gefälligst selbst dazu! Und nun gute Nacht, ich leg mich in mein Himmelbett!“ Damit verschwand er. Alle lachten. Hans Huber aber trat zu Georg Hartrot und reichte ihm die Hand. „Ich danke dir, Kamerad, du hast mir die Augen geöffnet. Ich werde von jetzt an auch die Mutter des Herrn Jesus ehren! „Ich auch, stimmte Bergdorff bei. „Und morgen singe ich auch mit das heißt, wenn ich's nur könnte! „O, da kann Rat werden, lachte Georg fröhlich. „Ich bringe euch schon ein Lied bei! Oder sonst Heinz Elbing, der ist groß in diesen Sachen! * * * Und am folgenden Tage, als gegen Abend die Kanonen schwiegen, brannten am Altare die Kerzen vor dem Bilde der Jungfrau=Mutter und
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