Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1929

304 Haus nicht nieder, wir wissen alle, wir alle im Bachgrunde wissen's, wie du mit ganzer Seele dein Haus liebtest Der Schuster reckte seine krumme Gestalt: „Wir helfen dir, Michel, wir helfen dir, und eines guten Tages ist's raus, dann kannst du Rache nehmen ... Wär' nicht Ostwind gewesen, dannwär' der ganze Bachgrund niedergebrannt!“ „Ich dank' euch!“ Michael gab dem Schuster fest die Hand. — Dann ging er, gesenkten Hauptes, weiter. Wie ein Schatten folgte ihm sein Weib . .. Als sie vor dem Dorf waren, stand der Mond groß am nächtlichen Himmel, die Bäume rauschten leicht im Wind, aber dem Mann kam das Rauschen vor wie eine Klage, schweigsam nahm er den Arm seines Weibes, das hatte er seit des Hochzeitstages nicht mehr getan . . . Er fühlte, seine Kathrin trug mit ihm, sie war ein Stück seines Lebens . . . Erst am Hofeingang, wo sein Bruder wartete, ließ er sacht den Arm los, der Bruder murmelte etwas von vorlieb nehmen, wie sie's hätten, die große Kammer wär' ausgeräumt und er würde helfen, die Tage tragen, er und seine Frau. Die Schwägerin kam ihnen an der Tür entgegen, sie hatte verweinte Augen, ihr Mitleid erlöste sich in dem kurzen Wort: „Daß euch das Haus abbrennen muß, wenn uns das überkommen wäre, ach Gott, nein.“ Sie fuhr sich mit ihrer blauen Leinenschürze über das gerötete Gesicht und deutete mit der Hand auf den gedeckten Tisch, wo Pfannkuchen und Suppe kräftig dufteten. * * * An diesem Abend war im „Goldenen Bären“ der im Schatten der Dorfkirche lag, großer Betrieb . .. Alle Männer des Dorfes mußten heute „vor die Türe sehen“ mußten „mal hören, was geredet wurde, und es redet sich halt besser beim Schnaps, oder beim Schoppen als so stehenden Fußes draußen . .. Mochte auch manche Frau sorgenvoll ihrem Manne nachsehen, der ging doch seine Wege, und heute war der Abendweg zu verstehen, der „Gründler“ war abgebrannt, der Kottenbacher war sein — Die Luft im „Goldenen Feind, vielleicht gab's heute noch Radau. Bären“ war dick und rauchig; Brandes, der Wirt, stand mit aufgekrempelten Hemdärmeln am Faß und füllte die Gläser . .... Die Männer redeten — Man sprach durcheinander, tranken sich zu und spuckten auf den Boden. es nicht aus, aber jeder wußte es, jeder fühlte es: die Gedanken gingen um den Kottenbacher ..... Da wurde die Tür aufgestoßen, der Kottenbacher, groß und gar stattlich anzusehen, trat über die Schwelle. Keck saß ihm das grüne Jäger¬ hütlein auf dem roten Schopf, die Hände hielt er in den Taschen seiner Joppe versteckt * Jäh verstummte das Gerede. . . Man sah verlegen umher, nur Peter, der Schuster, versuchte seinen verwachsenen Körper zu recken und sah festen Blickes den Kottenbacher an, der trat auf ihn zu, bot einen „Guten Abend“, bestellte einen Schnaps und begann unvermittelt: „Tut mir leid, daß der Gründler das Pech gehabt hat, ich war gestern Wer zögerte eine Weile, wiederholte dann, daß die ganze in der Stadt“ Stube es hören mußte: „War gestern in der Stadt, als ich wiederkam, da sah ich die Bescherung.“ Ein verächtliches Lächeln umzuckte den Mund des Schusters:

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