Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1929

12. Steyr. Bei der letzten diesjährigen Schwurgerichtssession beim Kreisgericht Steyr wurde verurteilt die 18jährige, in Gleink ge¬ borene, nach Steyr zuständige, stellenlose Hausgehilfin Barbara Wiesmayr wegen Verbrechens der Schändung, begangen an einem dreijährigen Knäblein, das dadurch an einer Gesundheit schweren Schaden erlitt, zu drei Jahren schweren Kerker, verschärft vierteljährlich mit einem Fasttag und an jedem 11. Juni mit Dunkelhaft. Die Geschwornen bejahten einstimmig die Hauptschuldfrage. — Wegen Verbrechens des Versicherungsbetruges durch Brandlegung an eigener Sache hatten sich ferner zu verantworten: der 1887 in St. Florian geborene, nach Wallern zuständige Fabriksarbeiter Karl Helmhart, dessen GattinMaria, 1892 in Wolfern geboren Neumayr, 1878 Franz in Sitzendorf (N.=Oe.) geboren, nach Gleink zuständig, ge¬ richtlich geschieden, Landwirt, zuletzt Pächter des Edlbauerngutes in Garsten 45, früher Wirtschaftsbesitzer in Gleink, und die Wirt¬ chafterin des letzteren, Anna Arzt, 1888 in Niederneukirchen geboren und dahin zustän¬ dig. Die Eheleute Helmhart waren Inwohner im Edlbauerngut. Am 25. August d. J., abends, kam in der Wohnung der Eheleute Helmhart, während alle vier Angeklagten in einem Gasthause in Sarning weilten, Feuen aus, welches die Einrichtung der Helmhart¬ leute, die vor der Auswanderung nach Bra¬ ilien standen, vernichtete, auf die Wohnung Neumayrs übergriff und auch den Dachstuhl des Hauses einäscherte. Der dringende Ver¬ dacht der Brandlegung richtete sich gegen die beiden Frauen, während die beiden Männer zumindest als Mitwissende im gegenseitigen Einverständnisse in Betracht kamen. Nach durchgeführter Verhandlung, die bis 11 Uhr nachts dauerte, verneinten die Geschwornen die die beiden männlichen Angeklagten be¬ treffenden Schuldfragen, daher diese frei¬ gesprochen wurden, und bejahten nur die Schuldfrage wegen Versicherungsbetruges be¬ züglich der beiden weiblichen Angeklagten Sonach wurde Marie Helmhart zu ein¬ einhalb Jahren, Anna Arzt als An¬ stifterin zu zwei Jahren schweren Kerker, verschärft vierteljährlich mit einem Fasttag und Dunkelhaft an jedem 25. August, ver¬ urteilt. Alle vier hatten sich seit mehr als drei Monaten in Untersuchungshaft befunden. Kremsmünster. Anläßlich des 1150jäh¬ rigen Gründungstages des Stiftes hat der junge Stiftskapitular P. Altmann Kellner, ein geborener Vöcklabrucker, zum Gedächtnis der Stifter ein eigenes Requiem „Piis mani¬ bus fundatorum monasterii Coemifanensis komponiert, welches bei der alljährlich an diesem Tage stattfindenden feierlichen Toten messe, die vom hochwst. Herrn Prälaten ge¬ halten wird, unter der Leitung des Komponi¬ sten vorzüglich zur Aufführung gelangte. Das 241 Werk machte einen überwältigenden Eindruck und erntete allgemein lobende Anerkennung. An der Aufführung nahmen außer den vor¬ züglich geschulten Museanern des Gymna¬ siums auch andere Studenten und mehrere kunstbegeisterte Herren des Ortes als Instru¬ mentalisten teil. Der bewährte Stiftsorganist Herr Adolf Kellner der Bruder des Kom¬ ponisten, trug durch sein meisterhaftes Spiel viel zum schönen Gelingen der Aufführung bei. Anläßlich der 1150. Wiederkehr des Stiftungstages von Kremsmünster (das Stift wurde bekanntlich im Jahre 777 gegründet) richtete der Bundesminister für Unterricht Richard Schmitz an den hochwst. Herrn Abt Leander Czerny ein herzliches und ehren¬ volles Glückwunschschreiben. 13. Seitenstetten. Fräulein Marie Blumauer, die seit dem Jahre 1880 der Küche des Stiftskonventes vorstand, plötzlich an Herzlähmung gestorben. Sie war die Schwester des Gymnasialdirektors Regie¬ rungsrates Blumauer in Klosterneuburg 14. Pfarrkirchen. Gegen 9 Uhr abends kam im Bauerngute der Maria Maltner, Zwicklhub in Hehenberg 30, ein Brand zun Ausbruche, dem die Wirtschaftsgebäude zum Opfer fielen. Es verbrannten auch 17 Schweine und 70 Hühner. Man vermutete Brandlegung. Ansfelden. Der Privatbeamte Herr Franz Heubl in Wien, der vom Zeilinger¬ gute in Grabwinkl, Pfarre Ansfelden, stammt wurde an der Wiener Universität zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert. 15. Klaus. Der in weiten Kreisenbe¬ kannteBahngasthofbesitzer Herr Josef Schinagl im Alter von 62 Jahren gestor¬ ben. Er hatte sich 1892 mit seiner Frau Maria, geb. Narbeshuber, aus Kremsmünster verehelicht und im gleichen Jahre den von der Linzer Aktienbrauerei gebauten Bahngastho in Pacht genommen, den er später durch Kaus erwarb St. Gallen. Herr Bürgermeister Lud¬ wig Haberleitner der durch 24 Jahre die Geschäfte der Gemeinde geleitet hat, uner¬ wartet schnell im Alter von 71 Jahren ver¬ chieden. Er war auch langjähriger Kirchen¬ propst und Sparkassedirektor. Sein Begräb¬ nis war ein Trauertag für die ganze Ge¬ meinde und weite Umgebung. 16. Steyr. In der an diesem Tage ab¬ gehaltenen Gemeinderatssitzung ge¬ langte der Voranschlag für das Jahr 1928 zur Beratung und einstimmigen Annahme. Die Summe des in Voranschlag gebrachten Erfordernisses betrug 2,971.350 S, jene der Bedeckung 2,024.080 S, so daß sich ein Netto¬ abgang von 947.270 S ergab. Der Voranschlag schloß diesmal insoferne etwas günstiger ab, als der im Sommer 1927 aufgestellte letzte Voranschlag mit einem Abgang von über einer Million Schilling abschloß. Dieses günstigere Ergebnis wurde allerdings nur dadurch er¬ 16

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2