28 weitem Umkreis mit Drahtzäunen umgeben und in mehrere Bezirke ein¬ geteilt, in denen die Schäfer mit ihren Herden sich aufhalten. Der Heckenreiter ist der Aufseher der Schäfer; er reitet von Bezirk zu Bezirk, sieht nach, ob der Schäfer pünktlich seine Lebensmittel erhält und ob genügend Futter und Wasser für die Tiere vorhanden ist. Außerdem hat er noch die Zäune und Tore in Ordnung zu halten. Der Mann führt ein angestrengtes, einsames Dasein und ist oft tagelang im Sattel, um die weite Strecke abzureiten. Graham nickte zufriedengestellt. „Und Sie haben nie bemerkt, daß der Heckenreiter eine heimliche Schuld mit sich herumtrug?“ fragte er dann mit prüfendem Blick auf sein Gegenüber. „Der Mann hat auf mich stets den besten Eindruck gemacht, obgleich mir sein Gesicht, das ein Lächeln gar nicht zu kennen scheint, schon aufgefallen ist, entgegnete der Schafzüchter. „Doch kommen Sie jetzt, das Mittagessen wartet auf uns.... Im Laufe des Nachmittags werde ich selbst mit Ihnen hinüber¬ reiten. Wir können nämlich vor Abend den Mann in seiner Hütte nicht an¬ treffen.“ Als die beiden Männer einige Stunden später in den Sattel stiegen, lag ein seltsamer heißer Dunst in der Luft. Die Sonne stand schon tief im Westen, als sich der leichte Wind, der bisher geweht hatte, wie durch Zauberschlag verstärkte und in kraftvollem Ansturm breite Streifen Flugsandes vor sich hertrieb. Eine Wolke von Staub und Sand umhüllte plötzlich die beiden Männer. Mit heftigem Ruck hielt Wagner sein Pferd an. Er schaute fragend nach der Sonne empor und zuckte erschreckt zusammen. „Was bedeutet das? Gibt es ein Unwetter?“ rief der Detektiv besorgt. „Ein Sandsturm kommt — wir müssen schleunigst unser Ziel zu er¬ reichen suchen!“ rief Wagner, indem er sich im Sattel zurechtsetzte und nach Süden deutete. „Dort liegt die Hütte des Heckenreiters, die wir erreichen müssen, bevor es Nacht um uns wird und der glühende Sand unseren Atem erstickt. Halten Sie sich um Gotteswillen hinter mir, Mister Graham, und verlieren Sie mich nicht aus den Augen!“ Er drückte seinem zitternden Pferde die Sporen in die Weichen und sprengte davon. Dicht hinter ihm folgte der Sydneyer Detektiv. Mit harter Mühe hielt sich der Detektiv, eines solchen Rittes ungewohnt, in Wagners Nähe. Nur wie durch einen Nebel sah er das dahinsturmende Pferd des Deutschen, der tiefgebeugt auf dem Hals seines Tieres lag; er wollte Wagner zurufen, den wilden Galopp zu mäßigen, doch seiner keuchen¬ den Lunge war die Kraft genommen. Der Schweiß drang dem Polizeiagenten aus allen Poren, und das Herz klopfte ihm wie ein Hammer gegen die Brust. Er glaubte ersticken zu müssen in der heißen, wogenden Staubmasse, die sich enger und enger um ihn legte. Jetzt schob sich, wie eine starre Wand, die Dunkelheit zwischen ihn und den Schafzüchter, so daß er diesen ganz aus den Augen verlor, und plötzlich fühlte Graham, daß sein Pferd mit einem Angstgewieher in die Knie brach. Dann stürzte er selbst, ehe er wußte, wie ihm geschah, kopfüber aus dem Sattel. Ein heftiger Hustenreiz gab dem Manne das Bewußtsein, das ihn flüchtig verlassen hatte, zuruck. Er lag zusammengekrümmt, wie er nieder¬ gestürzt war, am Boden, und der Wirbelsturm, der noch immer mit unver¬ minderter Kraft dahinbrauste, hatte ihm Mund und Nase mit Staub gefüllt. Ein stechender Schmerz im rechten Schenkel belehrte den Polizeiagenten, daß sein Sturz nicht ohne Folgen geblieben war.
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