Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1928

11 erschienenen Druckwerke mit teilweise satirischem Inhalt (es ist leider nur in Resten erhalten) ist ein Gedicht enthalten, das, wenn es auch etwas übertreiben mag, bezüglich der wirklichen Verhältnisse dennoch ein Spiegelbild jener Zeit bietet und so recht das elende Wirtshaus zeigt, das aber diesen Namen nicht mehr verdient. Das erwähnte Gedicht lautet: Klag einer reisenden Gesellschaft. „Wir Brüder suchens hintern Ohren, Der Wirth hat uns fein drucken g’schoren. Er hat uns geben dreyerley Kost, Hunger, Durst und großen Frost. O wehe! Das war ein sauer Wein, Der Teuffel mag sein Gast mehr seyn. Der Wirth war tugendsam und frumm, Gibt wenig z'essen, nimmt viel darum. Die Speiß war kalt, der Wein war warm, Er ist ein Wirth, daß Gott erbarm. Das Kraut war seine beste Speiß, Das Tisch=Tuch ware voller Läuß. Er gab uns G'müß, war nicht geschmaltzen, Das Fleisch war dürr und nicht gesaltzen. Der Braten war vom Blut noch roth, Auch gab er uns ein schimmlich Brod. Gott behüte uns vor solchem Wirth, Der Teuffel ihn bald hohlen wird.“ Der zunehmende Reiseverkehr bei Beginn des 19. Jahrhunderts besserte allmählich die Verhältnisse in den Gaststätten. Doch noch 1825 klagt der berühmt gewordene Reisende Kyselack, dessen Namen man noch in alten Burgruinen — von ihm selbst aufgeklext — findet, über unreinliche, schlechte Verköstigung und ungenießbaren Trunk in einer heute dem Fremdenverkehr ganz erschlossenen Gegend, wo der Gasthofbetrieb heute wohl das Erlesenste für den Sommerfrischler und Passanten bietet. Gerade aus jener eben genannten Zeit (vor gut hundert Jahren) erfahren wir aber auch eine sehr erfreuliche Kunde, daß es Gegenden gab, wo man damals schon gut bewirtet wurde. In einer Schilderung der Reise durch das Kremstal schreibt die Schriftstellerin Karoline Pichler (enthalten im Album aus Oesterreich ob der Enns) folgendes: „In Kirchdorf ist ein einfaches Gasthaus; aber ich fand es sehr gut. Wir aßen auf Zinn, es war so blank wie Silber, alles Geräthe sauber, die Betten gut, rein, die Speisen einfach, aber schmackhaft. So sind die Gasthöfe, mit — in Dürnbach, Win¬ kleinen Abstufungen, überall auf dieser ganzen Straße dischgarsten und Spital, so überhaupt meist im Gebirge.“ — Karoline Pichler schließt ihre Darstellung mit dem nochmaligen Hinweis auf die einfache, reinliche und gesunde Bewirtung. Während man vor etwa hundert Jahren anderswo noch Klagelieder über das Wirtshausleben anstimmen konnte, wird bei uns den freundlichen Gaststätten schon hohes Lob gezollt.

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