Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1928

10 „wienerwege“) und wo stammt die Benennung her? Der Volksmund hat teilweise recht, von einem „Wienerweg“ zu sprechen, denn man ging einst wirklich von Micheldorf nach Wien, aber dieses „Wien“ war nicht weit, denn der Ort Leonstein (Pfarrort), beziehungs¬ weise die Pfarrkirche hieß ehemals „Wien“ So reden die urkund¬ lichen Belege von „Leonstein in der Wienn, „Wien auf der Steyr“ von einer Wyennerpfarr unter Leonstein und dann wird Leonstein auch „Schadwien genannt. Was bedeutet nun der Name dieses „Wien“? „Wien“ ist nichts anderes als das mittelhochdeutsche Wünne = Weide und ist verwandt mit Wunne, wunia (Wiese, waldloses Land, Weideland), gotisch „winja“. Der Mai, der Wuni mänöd heißt auch Winnemanoth und es ist ja bekannt, daß das schöner klingende Wonnemonat nichts anderes als ein verderbtes Wunne = Weidemonat ist. Wer die Geschichte unserer Vorfahren kennt, weiß, daß sie ein einfaches Naturvolk waren, welches den Wald und die Weide über alles liebte. Die Weide, das heißt alles Grasland, alle Lichtungen, im Gegensatze zu den großen Wäldern, war die „Wünne“ Größere Ebenen an Flüssen führten öfters diesen Namen. Das Molln=Leonsteiner Tal war eine solche „Wünne (Wienne). Verschiedene Forscher deuten „Wien“ anders, kommen aber den vorstehenden Ausführungen nahe. So wird „Wien“ als „Talgrund“ und als „Mulde“ bezeichnet. Auch „Schadwien“ ist eine richtige Bezeichnung. Der Ort liegt am Rande des großen Wienetales, wenig entfernt von Leonstein (Kirche) den aufsteigenden, Schatten werfenden Wänden des Hahnbaumes. Da „Schad“ die Mundartform für Schatten ist, so bedeutet „Schadwien“ eigentlich die schattige Wiene oderWeide. Wie so vieles im Wandel sich ändert, so ist das auch bei Oertlichkeits¬ bezeichnungen derFall. Schloß Leonstein, die zerstörte alte Burg, hieß ur¬ sprünglich Lestein (im 14. Jahrhundert noch urkundlich so bezeichnet). Die Mundart nennt sie „Leestein“ (unter „Lee“ versteht man in ältester Sprache eine Totenkultstätte). Die spärlichen Reste des alten Schlosses heißen heute „Hausberg“ oder „Hausberger Schloß“. Unterhalb des alten, einst zerstörten Schlosses entstand ein neues Schloß namens „Feychta“ (weil am Feychtabache gelegen). Dieser Name wird jetzt wenig mehr gebraucht, man spricht lieber vom „neuen Schlosse Leonstein“. Wien an der Steyr, das als Kirchenpatron Sankt Stephanus hat, wie die Hauptkirche der Bundeshauptstadt ebenfalls diesem Heiligen geweiht ist, hat den Burgnamen übernommen und heißt heute „Leonstein: Nur der „Wiener¬ weg“ erinnert noch an das einstige Wien. 0000000000000000000 00000000 000 6505560000000 Vom Wirtshausleben in alter Zeit. Die Berichte über Gasthäuser und Herbergen für Fremde in der ältesten Zeit lauten verschieden. Es gab Zechstuben und Einkehrgasthäuser von bestem Rufe, die von Persönlichkeiten mit klangvollen Namen besucht wurden, aber es gab auch Zerrbilder von Gastwirtschaften, von denen Reisende nur das Uebelste berichten konnten. Klagen kamen aus allen Ländern, nach denen deutsche Leute reisten. Besonders schmutzige Betten, Ungeziefer und elendes Essen boten Grund zu Beschwerden. Reiseberichte aus dem 18. Jahrhundert schildern drastisch in einer Anzahl Fällen die schlechten Wirtshäuser. In einem zu Beginn des 18. Jahrhunderts

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