4 Der Brandstifter. Von Hans Binder.*) Ein munteres Liedlein pfeifend, stand der junge Rauchfangkehrergehilfe Philipp auf dem Dachfirst eines schmucken hölzernen Hauses, lehnte sich wie zu kurzer Rast an den rußigen Rauchfang an und blickte vergnugt über das im schönsten Frühlingsschmucke prangende Tal, zu den Bergen hinüber, die wie mit einem blauen Schleier umzogen waren. Philipp hatte Grund, vergnügt zu sein. War er ja jung und gesund, ihn freute die Arbeit, die immerhin so viel trug, daß er nicht nur leben konnte, —* sondern sich auch ein bescheidenes Summchen erspart hatte. So lustig er war, so war er doch kein Wirtshausbruder, und wenn er sich am Samstag den dicken Ruß abgewaschen hatte und am Sonntag, sauber gekleidet, über den Dorfplatz ging, dann schaute jedermann ihm mit Vergnügen nach und unter dem bunten Brustlatz klopfte manches Mädchenherz rascher und höher. Er aber hatte nur Augen für die schöne Traudel, die einzige Tochter des alten Schneiders, der am Ende des Dorfes ein kleines, altersschwaches Häuschen bewohnte, das im Innern von des Mädchens Händen blitzblank und peinlich sauber gehalten wurde. Philipp war mit Traudel schon so ziemlich eins. Er wußte, daß sie ihn gern sah, und so malte er sich denn die Zukunft in rosigstem Lichte aus. Was braucht es denn auch viel, wenn zwei junge Leute sich ehrlich gut sind und genügsam aufwuchsen? Ein bißchen Sorge muß ja das Leben würzen und die wahre Liebe ist kein Treibhaus¬ pflänzlein, das vor jedem Luftzug bewahrt zu werden braucht, sondern sie wird in den Stunden der Sorge und des Kummers nur noch fester, tiefer und wahrer. Ja, der Philipp oben auf dem Dachfirst war ein glücklicher Mensch, als er nun mit seinen schwarzen Händen ein ziemlich ebenso schwarzes Stückchen Brot aus der Tasche zog und die gesunden, schneeweißen Zähne tüchtig hineingrub. Heiß brütete die Maiensonne über dem Dorfe, als ein Geselle die Land¬ straße heranwanderte, der in einem abgeschabten Ränzlein eine alte Geige auf dem Rücken trug. — „Ein fahrender Sänger“ — Groß war er und hager und unstät blitzten unter den buschigen Brauen stahlharte Augen. Der Wander¬ bursch ging gleich in den stattlichen Bauernhof hinein, wo er hoffte, an einer kräftigen Mahlzeit sich nach langen Tagen wieder laben zu können. Aber kaum hatte er auf dem Hofe seine Fiedel herausgepackt und ihr einige kreischende Töne entlockt, da kam der Bauer auch schon mit einem Stecken heraus, pfiff dem zottigen Hunde und wollte auf den armen Handwerksburschen losgehen. Der aber steckte die Fiedel nicht erst in den Sack, sondern schwang sie zornig über dem Kopfe — und eilte schneller, als er gekommen, wieder hinaus auf die Straße. Sein Gesicht war aschfahl geworden, die blutleeren Lippen zitterten vor verhaltener Wut und seine Augen leuchteten im Feuer wilder Rachgier. „Nicht einmal einen Löffel Suppe gönnt ihr einem, geiziges Volk; ihr schaut einen mit Verachtung an und wißt doch nicht, wie man auf die Landstraße kam. So werde ich gehetzt, verfehmt und ihr haltet das Schlechteste gerade noch gut genug für mich. Höchstens wenn ihr in der Schenke schon betrunken seid, dann soll ich euch Spottlieder und Juchezer aufspielen und ihr werft mir dann gnädig ein paar Kreuzer zu.“ — *) Der Erzählung liegt eine wirkliche Begebenheit zugrunde.
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