58 Und wenn ich unser Geheimnis jetzt Und den irdischen Strafbefehl wer¬ verrate, schadet es nichts mehr. Die Sacheden sie ihm drüben in Gnaden erlassen ist längst verjährt, und der Hiesel hathaben, dem guten, einfältigen Menschen, schon vor einiger Zeit eine Fahrt an¬der sich in brenzlichen Lagen besser zu getreten, bei der es kein Retourbillett helfen wußte wie irgend ein lächelnder Lateiner. gibt. WT Das Österei. Eine Östererzählung von Magda Trott. Mit leeren Händen kehrte AlineUrlaub in der Heimat wollte er Aline Welling von ihrem Ausgange heim. Sieaufsuchen, aber der Zufall hatte es ge¬ hatte es schon gewußt, daß man nirgends wollt, daß Aline gerade bei Verwandten Schokoladeneier bekommen würde; alleweilte und ihr daher Rudolf Klein bis die Süßigkeiten, die man sonst um dieauf den heutigen Tag fremd geblieben österliche Zeit zu kaufen bekam, warenwar. verschwunden. Wie schade! Nicht für sich Die Österpäckchen wurden gepackt. wollte sie die Leckereien haben, nur für Für alle gab es Zigarren, Zigaretten die Feldgrauen, die von ihr allmonatlich und Tabak; vergeblich zerbrach sich Aline zweimal mit kleinen Paketchen bedacht den Kopf, was man noch beipacken könnte, wurden. Schon zu Weihnachten war es sie fand nichts. schwer gewesen, für ihre Soldaten Pfeffer¬ „Nicht ein einziges Osterei kann ich kuchen und Nüsse aufzutreiben, aber senden“, klagte sie der Schwester Ruth, immerhin war es doch schließlich gelun¬ „und Klein wird gewiß ein solches er¬ gen. Nun kam Ostern heran, aber die warten.“ Östereier würden in dem Zigarrenpäckchen Die Schwester, noch ein Backfisch, fehlen, es gab eben in diesem Jahre keine überlegte ein Weilchen, sprang dann la¬ Leckereien, und das empfand Aline rechtchend davon und kehrte nach wenigen schmerzlich. Augenblicken mit einem Ei zurück, das Besonders um Rudolf Klein tat eseinem Schokoladenei zum verwechseln ihr leid. Sie kannte den Mann nicht,ähnlich sah. aber aus den vielen miteinander ge¬ „Schick' ihm doch das“, lachte sie. wechselten Briefen, war ihr der junge Ein leichtes Rot stieg in die Wangen Gefreite außerordentlich sympathisch. Sie der älteren Schwester. Das Ei erinnerte wußte, daß ihn der Krieg aus einer sie an ihre erste Tanzstundenliebe. Vor guten Stellung, die er im Auslande als echs Jahren etwa hatte Aline Bekannt¬ Ingenieur eingenommen hatte, gerissen; schaft mit einem jungen Studenten ge¬ er stand allein in der Welt, und die macht, der dem hübschen Mädchen deut¬ Pakete, die er von Aline empfing, waren liche Huldigungen erwies. Aline, die natür¬ die einzigen, die man ihm zuteilte. Durch lich sehr stolz auf diese Bevorzugung war, Zufall war dem jungen Mädchen seine traf sich manchmal in aller Heimlichkeit Adresse bekannt geworden. Sie hatte zur mit dem Studenten in irgend einer Kon¬ ditorei; der angehende Mediziner, der ersten Kriegsweihnacht Pakete an solche bald erfuhr, daß seine Angebetete alle Soldaten gesendet, die keine Angehörigen Süßigkeiten leidenschaftlich liebte, ging in hatten, und eines dieser Pakete kam in die Hände von Rudolf Klein. Bei seinemseiner Schwärmerei so weit und sandte
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