Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1927

54 schlagt dich, wenn du heimkommst ohne mich14 * * So, jetzt hast du's, Hiesel ... Und schon höre ich hinter mir das Klappern der Stiefel, die mit den Eisen Hakelstecken gegeneinanderschlagen. am Hiesel Der „Lauf nicht so Bub! Du rennst pfeil¬ grad in den gewissen Tod. Aus ist's und — die Eisenbahn!“ gefehlt ist's Ich hole aus, was das Zeug hält; der Hiesel stiefel= und zähneklappernd hinter mir. Da fährt der Zug schon in die Halle ein. „Halt!“ donnert der Hiesel. „Lauf!“ gebe ich die Gegenlosung und stürme weiter. Zehn, fünfzehn, zwanzig, dreißig, fünfzig Säße . .. ein Sprung über die Schranken. Ich sitze im Zuge! Gewonnen! Der Hiesel kommt keuchend nach. Die Absicht, mich aus dem Rachen dieses Ungeheuers zu reißen, steht ihm deutlich auf der Stirne. Aber der Schaffner macht seinen Anschlag zuschanden. Er packt den Hiesel beim Genick, gibt ihm einen Stoß, daß er die paar Stufen hinauffliegt, pfeift und dahin geht's mit der Eisenbahn Es ist ein wunderschöner Wagen, ganz mit roten Polstern und Rücklehnen ausstaffiert, und grünseidene Vorhänge an den Fenstern. Und kein Mensch sitzt da „Nobel!“ sagt der Hiesel. „Jetzt* wenn wir nicht so gelaufen wären, hätten wir den Zug richtig versäumt ... Sünd¬ haft schön ist's da! Sündhaft schön! Au¬ Bub, es wird doch nichts passieren! weh. „Was soll denn passieren?! Schau nur her, so weich und wohlig sind wir unser Lebtag noch nicht gesessen, du nicht und ich nicht * * SC0 „Wahr ist's, sagt der Hiesel. „Da könnten wir eigentlich ein bißchen schla¬ fen . . . Bin steinmüd von dem Laufen. Sodala Und der Hiesel legt sich streckterlängs auf die eine Polsterbank, ich auf die andere. Da gehl die Tür auf, ein Schnauzbart schiebt sich herein. Ein Zwickeraugenglas baumelt entsetzt von seiner Nase, eine blaue Mütze schwankt unschlüssig hin und her und ein Mund tut sich auf — ent¬ etzlich weit: „Ihr Sauhammel! was tut denn (4 2 ihr da herinnen!: „Eisenbahnfahren,“ sagte der Hiesel seelenruhig und hantelt seinen Haken¬ tecken heran . . . Jawohl! Eisenbahn¬ fahren — heute zum erstenmal. Und wenn du's Maul noch einmal so aufreißt, nach¬ her geb’ ich dir den Sauhammel mit dem Hakelstecken . . . Du Tropf, du himmel¬ blauer, du eiskalter . . . Wark', ich geb’ dir einen Sauhammel ab, ich, ein ge¬ standener gesessener Mensch .. . so ei¬ nem Notnickel von der Eisenbahn. „Ich bewundere den Hiesel . . . Vorhin noch ein Hase, jetzt ein Held ... Der Beamte schaut erst eine Weile, dann fragt er in höflichstem Tone: „Wie kommen Sie da herein? Hier ist näm¬ 44 lich erster Klasse ...! „Das weiß ich nicht, was das ist“, sagt der Hiesel, „weil ich nicht Lateinisch kann. Der Franzl da kann's besser wie ich . . . Und wie wir da hereinkommen? Der Franzl ist von selber hereingesprun¬ gen, und mich hat der Zugsführer oder wie man den Kunden nennt, beim Ge¬ nick gepackt und über die Stiegen herauf¬ geworfen, weil wir sonst den Zug ver¬ säumt hätten ... „Haben Sie schon Fahrkarken?“ ragte der Beamte. „Ha?“ der Hiesel. „Ob Sie schon Fahrkarten haben?“ „Du brauchst mich nicht zu Ihrzen.. Ich bin keine Herrschaft, sondern bloß ein Racker, recht ein geschundener ... „Billekiln haben wir nicht,“ sagte ich zum Beamten, „weil's gar so ge¬ — zahlen schwind gegangen ist" Denn mnuß ja der Hiesel. Wie's ausgemacht ist. „Wollen Sie erster Klasse? der Beamte, „Ha?“ der Hiesel. „Ob Sie da herinnen fahren wollen oder in einem andern Abteil?“

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2