Wettertüre in den Rettungsstollen hinein. nur fort von hier— das Leben retten „Wir bleiben bis zuletzt, nicht wahr Herr Obersteiger?“ sagt Kunwald leise und hält wie zur Abwehr ausgestreckt die Hand vors Gesicht. Glühender Kohlen¬ staub umwirbelt die beiden. Hinten im Stollen leuchtet Feuerschein auf, da die Notlampen löschen aus, die Glut hal die Sicherungen durchschmolzen. ... Im Rettungsstollen verhallt das Gemurmel und der eilende Schritt der fliehenden Häuer. Kunwald fährt erschrocken empor, er war einen Augenblick ganz in Gedanken versunken gewesen. Fiel da nicht eben jemand neben ihm zu Boden . . .? Er reißt die Lampe vom Gürtel und leuchtet, er hat richtig vermutet. Schrader ist ohn¬ mächtig neben ihm niedergesunken. „Mein Herz . .. ich kann nicht mehr .. Retten Sie* In Kunwald steigt blitzschnell das Bild vom gestrigen Abend empor. Trude und Schrader . . . Neben ihm ist die offene Wettertür— ein Sprung und er kann noch in den Notstollen gelangen und sich retten. Er kann den Nebenbuhler hier liegen und ruhig sterben lassen, er kanndoch nein, sein Vorgesetzter und er harrten auf ihrem verlorenen Posten aus als zwei Männer von eiserner Pflicht¬ erfüllung und er soll feige fliehen und den andern dem sichern Erstickungstod überlassen.9 „Kommen Sie, Herr Obersteiger, Sie müssen hier fort — wir sind verloren in unserem Stollen sind schon brennende Schwaden, fort jetzt, schnell — schnell!“ Mit schier übermenschlicher Kraft hebt Kunwald den großen, starken Schrader in die Höhe und versucht, den halb Ohn¬ mächtigen in den Notstollen herüberzu¬ ziehen. Es gelingt ihm auch. Völlig er¬ schöpft taumelt er, schon selbst fast dem Ersticken nahe, nach der Wetterkür und schlägt diese zu. Aber damit ist auch selber seine letzte Kraft erschöpft, dann sinkt er selbst neben dem ohnmächtig am Boden liegenden Vorgesetzten am Eingang des Rettungsstollen zusammen. ... 43. „Die Grube brennt! — Schlagende Wetter auf der „Frisia“! Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Männer, Weiber, Kinder, alles jagt nach der Grube hinauf und strömt lärmend und schreiend in den engen Schachthof. Gellende Angstrufe erfüllen die Luft. „Wo ist mein Mann? Mein Helft. —rettet Junge ist noch unten! — doch — Unsinn — es sind alle Leute gerettet, niemand ist mehr in der Grube Das ist nicht wahr, Schrader soll noch unten sein! — und Kunwald auch, der Schichtmeister hat es selber gesagt! Wo ist der Direktor? — Das kommt davon, wenn man die Grube verlottern Wer hätte das gedacht, heute — läßt! am Himmelfahrtstag dieses Unglück!.. So und ähnlich schwirren die Worte in dem aufgeregten Menschenhaufen durch¬ einander, in der sich auch Trude Eisert mit ihrem alten Vater befindet; totenbleich und fassungslos lehnt das junge Mad¬ chen an der Schulter des alten Mannes, der begütigend mit der Hand über dessen braunen Scheitel streicht. Leise wimmert sie vor sich hin, fast betend klingt ihre Stimme: „Gott — lieber Gott, laß ihn er nicht sterben, laß ihn sich retten C muß leben, er muß mir gerettet werden! Die Tür des Förderhauses wird durch einige Aufgeregte eingedrückt, Gen¬ darmen kommen und drängen die Menge zurück. Jetzt erscheint bleich, ohne Hut auf dem Kopf, der Direktor und spricht einige Worte. Niemand hört auf ihn, m Hintergrunde ballen sich drohend Männerfäuste. Von hinten ruft jemand „Platz da vorn — die Rettungskolonne kommt!“ Ein Dutzend Bergleute, die wie Taucher aussehen mit ihren Gas¬ masken und Sauerstoffschläuchen, mit brennenden Sicherheitslampen in den Hän¬ den, hasten nach dem Fördergebäude hin, und mit ihnen fährt sogleich der Direktor, zusammen mit dem Werksarzt und seinem Gehilfen, in die Grube. Unerschrocken und todesmutig dringt die Kolonne nach vorn, sie gelangt in den Notstollen, und bald finden die Retter
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