und in Gedanken den schmalen Feldweg entlang wandelte. Die Kohlengrube lag hinter ihm, zu beiden Seiten des Weges dehnten sich maigrüne Fluren, die goldene Frühlingssonne schickte sich an, im Westen hinabzusinken, und noch einmal ver¬ goldete das scheidende Licht des Tages¬ gestirns die in seligem Maienglanze lie¬ gende Welt. Der Steiger beschleunigte jetzt seinen Schritt, er ging dem nahen Dorfe zu, bog dann links vom Feldrain ab und nahm seinen Weg nach einem schmucken Häuschen, in dem Gertrud Eisert, die einzige Tochter eines Schacht¬ invaliden, wohnte, mit der Kunwald seit einigen Monaten im stillen verlobt war. Zu Pfingsten wollten die beiden Liebes¬ leute sich öffentlich verloben. Seit einiger Zeit freilich schien es Erich Kunwald, als ob ihm seine Gertrud nicht mehr die alte unbefangene Herzlichkeit entgegenbrächte, das Mädchen schien ihm sogar aus¬ weichen zu wollen. Schon einige Male war sie nicht zum verabredeten Stelldich¬ ein gekommen. Es war die Eifersucht, die Erichs Herz ergriffen hatte und ihn mit wachsender Unruhe und Besorgnis erfüllte. Gerade heute war ihm so eigen, so bang und sorgenschwer zu Mute. Erich war jetzt nur noch ein kurzes Stück von Gertruds Häuschen entfernt, in dessen Garten Wäsche zum Trocknen aufgehängt war. Der junge Steiger hemmte den Schritt und blieb stehen. Sein Ohr hatte=Stimmen vernommen, die aus den Hausflur her erkönten, deren Tür offen war. * * Kein Zweifel ... deutlich hört er Gertruds Stimme. Dieser antwortet eine Männerstimme. Sie kommt ihm be¬ kannt vor. Rasch duckt sich Erich hinter einem an der Wäscheleine befestigten Bettlaken nieder. Er lugt dahinter vor, ) und sein Auge erblickt jetzt das Madchen, das im Rahmen der offenen Hauskür erscheint und hinter ihm . .. Schrader, seinen Vorgesetzten — den Obersteiger. Er lächelt Gertrud an, sie gibt ihm die Hand und lacht. . .. Erich kann nicht verstehen, was sie miteinander sprechen, 41 aber es muß etwas Wichtiges sein, denn der Obersteiger behält die Hand des Mäd¬ chens ungewöhnlich lange in seiner Rech¬ ten, lächelt sie immer noch an und legt ihr dann vertraulich die linke Hand auf die Schulter. Vor Kunwalds Augen flirrt es, seine Pulse hämmern, siedeheiß steigt es ihm zum Kopf, er muß sich zusammennehmen, daß er nicht aus seinem Versteck hervor¬ türzt und den Nebenbuhler niederschlägt. Ja — den Nebenbuhler, denn nun st es Erich klar, warum ihm Gertrud seit einiger Zeit ausweicht und— lächelte hn Schrader nicht vorhin so spöttisch an, als er ihm auf den Schachthof den Schichtzettel überreichte und wegen der Lampen vermahnte . ..? Auch hatte es der Herr Obersteiger mit dem Weggehen sehr eilig gehabt, natürlich nur zu be¬ greiflich— er hatte sich sicher mit Ger¬ trud verabredet. ... In Erich Kunwald stürzte eine Welt voll Hoffnung und Glück in Trümmer, als er jetzt wie ein armer Sünder, mit gesenktem Haupte, bleich und mit vor Wut aufeinander gebissenen Lippen nach dem Dorf hinunterschleicht.... Himmelfahrt. Durch leichte Frühnebel bricht sich der rote Sonnenball seine Lichtbahn. Einsam liegen die weiten Fluren, droben vom Glockenturm des Huthauses läutet das Bergglöckchen die Morgenschicht ein. Aus der offenen Tür der Betstube kom¬ men die Leute, einer nach dem andern tülpt seinen Hut auf, und langsam be¬ wegt sich der Zug der Häuer hinüber nach dem Fördergebäude, in dessen Inne¬ rem er verschwindet. Lautlos gleitet der riesige Fahrstuhl mit dem Häuflein schwei¬ gender Männer, mit ihren brennenden Sicherheitslampen vor der Brust, in die nachtschwarze Tiefe hinab; einer der letzten, der hinunterfährt, ist der Reviersteiger Kunwald. Die Schicht verteilt sich auf den einzelnen Strecken. Auch Kunwald schickt sich an, nach einer Stunde seinen ersten Rundgang anzutreten, sorgfältig unter¬ sucht er die schweren Sicherheitsplomben
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