Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1927

36 und Stein dem eigentlichen Riegel zu, eine vor Jahren abgeholzte Fläche, wo nur Brombeerranken, Ginster und ein paar kümmerliche Wacholderstauden zwi¬ schen Stein und Geröll wachsen. So dehnt ich der Riegel, rings von Hochwald um¬ standen, der Grenze zu. Der Zollinspektor ist heute bei bester Laune, denn er hofft bestimmt auf einen reichen Fang. An Ort und Stelle erscheint ihm der Habichtsriegel, den er heute das erste Mal zu Gesicht bekommt, als ganz passables Gelände für Schmugglerbanden. Die „Festteilnehmer“ stellt er so im Gehölz auf, daß sie selbst verdeckt sind, aber die Lichtung genau übersehen können. Er selbst postiert sich mit den Grenz¬ aufsehern vorne hin. Bald ist alles so weit, daß der Schmuggler oder eine ganze Bande kommen darf. Eine Weile lang, ehen da sich nicht das geringste hören und läßt, wird es dem Herrn Inspektordoch unbehaglich. Wie, wenn nun kein Schmuggler käme, wenn er sich getäuscht hätte? Wäre das nicht eine Blamage für ihn, den hohen Beamten, vor den Untergebenen und der ganzen Gesellschaft? Aber bald schlägt sein Gefühl um. Sein Antlitz leuchtet Triumph. Ueber die Lichtung herauf stapft einer — einer mit einem Tragkorb! Ein Schmuggler! Der Toni gibt dem Franzl einen Stoß in die Seite, und beide müssen an ich halten, um nicht mit dem Lachen herauszuplatzen. Der Zollinspektor triumphiert. Ahnungslos kommt der Schmugglei die Höhe herauf; gerade ums Tag¬ anläuten, wie es der Toni prophezeit hat. In Walddorf, in Schwarzenberg, in Tallberg — überall läuten sie den Tag an, und über den Habichtsriegel kommt der Schmuggler. Sorglos, mit einer geradezu aufreizenden Sicherheit, daß hier kein „Grenzer“ um die Wege ist. Er pfeift sogar, und was er pfeift! Die Melodie eines bekannten Spottliedes auf die königlich bayrischen Zollbeamten. Da soll doch gleich —! Aber wark', Bürschchen! Auf einmal brüllt ein mehrstimmiges „Halt!“ aus dem Gehölz, und von rechts und von links stürzen die Aufseher, voran der Inspektor mit gezücktem Säbel und mit vorgehaltenem Revolver, auf den „Ahnungslosen“. Der tut, als wenn er aus den Wolken gefallen wäre, und macht weder Miene zur Flucht noch zur Ab¬ wehr. „Hak's dich, Bürschchen? He?!“ höhnt und triumphiert der Inspektor, während die Zuschauer herzukommen. „Ja; wundert sich der Toni, „das ist ja gar unser Knecht!“ — Bitte sehr“ wendet sich der „Schmuggler“ an den Inspektor „ich verbitte mir, daß Sie mich „per Du“ anreden. Und ein Bürschchen gebe ich Ihnen noch lange nicht ab!“ „Ei, ei, aufmandeln möchte er auch noch. Den Korb herab! Was ist in dem Korb?“ „Eine Sau!“ „Wie — was? Also wirklich eine Und natürlich eine verseuchte, he?“ Sau! „Keine verseuchte! Aber eine Sau, richtige, wirkliche Sau!“ eine Unterdessen haben sich die Aufseher bereits über den Korb hergemacht und fördern einen Sack zutage. Wie, Sie wollen uns auch noch uzen? Wo ist die Sau?“ Da langt der Knecht selber in den Sack und holt aus der Tiefe der Säge¬ — die späne eine richtige, wirkliche Sau Herzsau vom Kartenspiel: „Hier ist die Sau, seuchenfrei und zollfrei, weil auch abgestempelt*). Und ich bitte, mich nicht weiter zu belästigen!“... Noch am Abend desselben Tages ist der Herr Zollinspektor abgereist, weil wie er seiner vorgesetzten Dienststelle telephonisch mitteilte, „ein längeres Ver¬ weilen seinerseits in Walddorf dienstlich nicht mehr veranlaßt sei“. Auch Gesund¬ *) Die Karte Herz=Aß trägt bekanntlich den Spielsteuerstempel.

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