Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1927

112 „Ja, soll i leicht dös alte G'lump in die schön' Stub'n hängen?“ „Sagen Sie mal, Loderer, ist sonst nichts mehr da von Ihrem Ahnherrn? „Ja, seine Stiefel müssen no' wo umanandlieg'n, ja, da san s’, aa voll Dreck und Staub, und da is aa dös Gebetbüchl, dös eahm der Sandwirk nach dem Raufats am Iselberg g'schenkt ha als ewig's Angedenken. Steht eh' no an' Sandwirt sein Nam' drinn.“ Hastig greift Herr Pefnicke nach dem verstaubten Buch und schlägt es auf. Und liest —er traut seinen Augen kaum „Meinem tapferen Lebensretter, Christian Kaspar Loderer, zum Klachlmoser in Strigls zubenannt, widmet dieses Bet¬ buch zum Gedächtnuß an den Tag von Isel sein dankschuldiger Kommandank Andre Hofer, Sandwirk in Passeyer.“ Ohne Zweifel war die Inschrift echt Das bewiesen schon die beiden Vpsilon in „Isel“ und „Passeyer“ Die guten Klachlmoserleute hatten offenbar keine Ahnung von dem Werte dieser kostbaren Reliquien. Denn sont konnte der Enkel Loderers unmöglich die Frage stellen: „Was willst d’ denn mit dem G'raffel, Herr?“ „G’raffel sagen Sie? Sie wollen damit offenbar etwas Minderwertiges ausdrücken?“ ereiferte sich Pefnicke. „Sell woll. So a G'lump, an all's is g'schenkli z' teuer. Eine Weile steht Herr Pefnicke in Sinnen. Er überlegt offenbar, wie er sich den Besitz dieser Gegenstände sichern könne. Er zweifelt keinen Augenblick, daß er diese werkvollen Alterkümer vom etigen Besitzer ohne weiteres geschenk erhielte. Aber dagegen sträubt sich die ehrliche Natur des Berliners, das wäre ein offenbarer Betrug an der Naivitäl dieser Naturmenschen. „Wissen Sie was“ meinte er dann „nachdem diese Sachen bei Ihnen ohne¬ dies verkommen und verderben, nehme ich sie mit nach Berlin. Ich gebe Ihnen zweihundert Kronen dafür. Da macht der Klachlmoser einen Luftsprung. „Ja, Herr, bist d’ lei' nar¬ risch? Für dös G'lump zweihundert Kraul?“ „Für mich haben diese Gegenstände, also der Stutzen, die Stiefel und das Buch, ungefähr diesen Wert. Also zwei¬ hundert. Hier ist das Geld.“ „Ja, wenn dös Ding aso is“, meint dann Loderer, „nacha hab' i nix'n da¬ wider. Wenn du die Sach'n brauch'n kannst, kann i aa 's Geld brauch'n. Und der Handel ist gemacht. Herr Pefnicke stellt sich im Geiste schon vor, welches Aufsehen sein Fund, besonders in seinen Berliner Bekannten¬ kreisen, hervorrufen würde. Ein förm¬ licher Triumph müßte es für ihn wer¬ den, den es möglichst bald auszukosten galt. Und noch am selben Tage begibt er sich mit seinen Altertümern zur Bahn, Richtung Innsbruck, Kufstein, München, Leipzig, Berlin, Schnellzug zweiter Klasse. + * * Am selben Tage noch setzt sich auch der biedere, urwüchsige Klachlmoser hin und schreibt einen Brief an seinen Schwager in Innsbruck, den Tändler Peter Breitenberger: „Lieber Schwager und Peder! Der Kugelstutzen, die stiefln und das betbüchl, so ich neulich bei Dir holie, haben schon einen Käuffer gefunden. Den Staub und den treck habe ich schon so naturgedrei gemacht, daß es recht war. Auch Deine Handschrift im betbüchl war wieder recht naturgedrei. Der Hofer Andre selm hätts nit besser zuweg gebracht. Du bist schon ein loder auch, und was für einer! Sei also so gut und schicke mir wieder ein baar Altertümer, womöglich wieder Andre Hofer. Auf den sinds aus wie der teixl auf die arm söll. Ich hoffe, daß wir wieder ein gutes Geschäft machen, und die Perzente kriegst Du schon, wenn ich über vierzehn täg selm wieder nach Spruck kommen tu. Es grißt Dich Dein herzlieber Schwager Steffan Loderer, beim Klachlmoser in Strigls.

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