Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1927

103 „Lukrezia!“ schrie er laut und Aber Michl war stärker und hörte schmerzlich auf, dann reckte sich seine hohenicht auf sie; für ihn war das dort Gestalt empor und sein Antlit war vondrüben am Turme wirklich Barbara. In Furcht und Entsetzen unsäglich entstellt. wallendem schwarzen Kleid hing sie kopf¬ Auf den Schrei hin war Lukrezia über von der Turmspitze und wand sich aufgefahren und hatte im Augenblick diewie eine Schlange, gelbe Arme dehnend, immer länger, länger werdend, mit Sachlage erfaßt. — Sie raffte die Zeitung schaurig funkelnden Augen und voll vom Boden auf und da stand richtig die für Michl und sie so furchtbare Nachricht. Gier, ins Glockenhaus zu greifen. Und wie sah ihr Mann aus! Michl war entsetzlich anzusehen. Schweiß stand ihm auf der Stirn und Michls Augen waren weit aufgerissen und starrten nach den schweren Wolken, die Augen waren von Todesangst die sich draußen ballten und schoben. herausgetrieben. Hilflos stand Lukrezia betend neben Jetzt kam eine ganz schwarz im Westen — ihm. Nun plötzlich machte Michl einen herauf und der entsetzte Mann zeigte mit als wollte er durchs Fenster beiden Händen nach ihr hin: „Sieh, Satz, springen, als hätte ihn eine Kugel ge¬ Lukrezia! Dort kommt sie. Mit grünen troffen und ein schmerzlicher Schrei kam Augen schaut sie her auf mich. Ich muß sie bitten; Barbara, Barbara, laß die aus ihm. „Barbara laß ab!“ Unbewußt hatte Glocke gehn!“ Dabei faltete er flehend die Hände. auch Lukrezia diese Worte mitgerufen. Von dem Schreien beunruhigt, waren Aber die schwarze Wolke zog höher, die Leute des Gasthofes ins Zimmer vom Sturm getragen flog sie nun ge¬ getreten, aber vor Entsetzen wagte sich staltet wie ein Weib in langen schwarzen keiner von der Tür. Mit Mühe kam Schleiern über den Schloßberg her. einer gerade noch recht, um Lukrezia „Sie läßt sich nicht bitten! Lukrezia, den schweren, fallenden Mann stützen zu sie hängt sich jetzt an den Turm, sie will helfen. die Kaiserglocke haben. Schon zurückgesunken, starrte Michl Nun warf sich Lukrezia mit allem Weh auf den Wahnbefangenen undnoch hinaus, plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper und ins Unabwend¬ zerrte und bat, vom Fenster wegzugehen; er bilde sich nur abscheuliche Dinge ein, ergeben, murmelte er: „Lukrezia, bare horch!Jetzt, jetzt zerdrückt sie die Kaiser¬ dort drüben sei doch gar nicht Dingstadt und in jenem Turme keine Kaiserglocke. glocke! Leb wohl!“ WITTTTTTTTTTTHTTANTTENENENETAAITTETTATTTTTTTTNEETATTATATTTTA EineLiebe. Du aber wahrst die Liebe ohne Harm, Es kam einmal ein Mensch von and'rer Art, Ob auch der Quell des Lebens müder rinnt, Der hat in dir die Liebe aufgeweckt. Und hältst dem Fernen deine Hütte warm Dann zog er fort, verschweigend seine Und mußt wie Solweig warten auf Peer Fahrt, Gynk. Und hat die Spuren hinter sich verdeckt. Albert Bachner.

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