Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

Del Pfeudowildelel. Von Josef Stohl, Lebzelter und Wachszieher, Steyr. Herr Josef Zwischenbrücken war einer betont, alle hervorragenden Persönlich¬ der eigenartigsten und kundigsten Bar¬keiten der Stadt hierher und dem rede¬ biere der Stadt. gewandten Haarkräusler war es ein Mitten im Zentrum der Stadt hatte Leichtes, seinem Freund, einem Gro߬ er seinen Rasier= und Frisiersalon auf¬ industriellen, ein Bild aufzuschwatzen, geschlagen, sodaß alle Kapazitäten, welche oder der feschen Soubrette, die sich alle die Metropole barg, zu seiner Kundschaft Tage von ihm frisieren ließ; eine Nakt¬ zählten. Und er stand auch auf demstudie für ihr Boudoir anzuhängen. Ihr freundlichsten Fuße mit seinen Kunden reicher Verehrer konnte es schon bezahlen! und blieb stets in Fühlung mit ihnen, Ebenso war es mit dem Schrifttum. nicht nur geschäftlich, auch privat. Zählten doch mehrere Theaterdirektoren, Mit der ersten Tänzerin der Oper Dramaturgen und Buchhändler zu seinen war er so gut befreundet wie mit demKunden und er setzte seinen Ergeiz darein, Bäckermeister aus der Nachbargasse, mit die Herren für Manuskripte und Kom¬ dem Heldentenor vom großen Schauspiel¬ positionenseiner Schützlinge zu interessieren. haus, wie mit dem Bauern Schoißwohl Aber Herr Zwischenbrücken war auch aus dem fernen Gebirgsdorf, den sein elbst Schriftsteller und Vortragskünstler, Amt als Nationalrat oft nach Wien führte.besonders in der Widergabe mundart¬ Am allerliebsten aber waren ihm die licher Dichtungen ein Meister, da er als Künstler; denn unter seinem weißengeborener Oberösterreicher den Dialekt in Barbiermantel schlug ein warmfühlendes all seinen Feinheiten und Schattierung en und kunstbegeistertes Herz für alles Gute vollkommen beherrschte. Überall, wo er und Schöne und so auch für die, welche Stöger, Purschka, Goldbacher, es der Menschheit vermitteln. Musiker, Hönig und eigene Dichtungen vortrug, Maler und Schriftsteller gingen bei ihmhielt er seine Zuhörer vom ersten Worte aus und ein und fühlten sich hier ganz an in Bann und erntete stürmischen wie zuhause. Sein Barbiersalon glich, Beifall. So manche Wohltätigkeitsvor¬ wenn man so sagen will, einem Glas¬ stellung, die seinen Namen auf dem palast im kleinen, so vollbehangen war Programm trug, verdankte ihm ihr er mit Olgemälden und AquarellenGelingen. Seine größte Freude aber war und auf dem Marmortischchen vor demes, wenn er von den Professoren der großen Spiegel lagen wie in einer Theater¬Oberrealschule oder anderer Lehranstalten kanzlei oder Verlagsbuchhandlung, Stöße eigeladen wurde, die ihm Lehrplan vor¬ geschriebenen Mundartdichtungen vorzu¬ von Manuskripten und zerstreut auch Notenrollen umher. Und es gab oft tragen und wenn er dann von der begeisterten Jugend „Herr Professor“ kluge Gespräche über Schriftstellerei. tituliert wurde. Malerei und Musik in dem kleinen Friseursalon. Dabei feilte und besserte Zwischen¬ Aber auch einen praktischen Zweck brücken immer noch an sich selbst und verfolgte diese Bücher= und Bilderan¬in seiner freien Zeit fuhr er in sein sammlung. Kommen doch, wie schon geliebtes „Landl“, um das Volk zu Aus einer im „Deutschen Jäger“, München, noch unveröffentlichen Reihenfolge in ober¬ österreichischer Mundart: „Da Jaga“. 7 97

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