Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

Er ärgerlich schien wie sein Herr. schnupperte wenigstens mißmutig über dem Wasserkübel, aus dem er getränk werden sollte und verriet die entschie¬ denste Abneigung, seinen Inhalt zu sich zu nehmen. Man konnte es dem Gaul nicht verdenken, denn eine in allen Regenbogenfarben schillernde ölige Schicht lag auf dem Wasser und ein flarker Ge¬ ruch stieg daraus hervor. Kopfschüttelnd besah sich Starbottle den Befund, hiell den Kübel bald in die Sonne, bald be¬ roch er ihn, bis er endlich durch sein eigentümliches Gebahren die Aufmerk¬ samkeit einiger im Sonnenschein umher¬ liegender Bürger erregte, die er durch ein Fluchen nicht erzielt hatte Man trat auf ihn zu und stellte an ihn die Frage, ob ihn der Abschieds¬ schmerz verrückt gemacht habe. Statt aller Antwort hielt er ihnen das Corpus delicti unter die Nase. Große Verwun¬ derung auf der anderen Seite. 04 „Woher Er wies auf den Brunnen. Sofort stürzten einige hin und setzten den Schwengel in Bewegung. Was herauf¬ kam, sah ebenso aus, wie das Zeug im V Kübel. Der Sheriff, der unter den Ez¬ perten war, wandte sich an die Um¬ stehenden. „Freunde, ich schätze, daß unser Mit¬ bürger Starbottle eben im Begriff war, die wahnsinnigste Dummheit seines Le¬ bens zu begehen, als er diesen gesegneten Ort verlassen wollte. Denn so wahr ich über zwei Fuß hoch bin, dies ist hier Petroleum. In der Tat, das war es. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachrich im Ort und in der Umgebung. Das „Wöchentliche Erdbeben“ veranstaltete eine Extraausgabe und sagte voraus daß die neue Quelle binnen kurzem eine tägliche Produktion von 5000 Faß auf¬ weisen würde. Zugleich erhöhte es im Hinblick auf das zukünftige Prosperieren der Stadt den Abonnementspreis und schaffte die Begünstigung, ihn in Natu¬ ralien zahlen zu dürfen, ab. Es dauerte nicht lange und esfanden sich Spekulanten 95 ein. Der Brunnen gab immer noch Petroleum. In der Nähe mußte ein bedeutendes Reservoir sein. Man schlug Starbottle und Jenkins vor, Bohrungen auf ihrem Terrain veranstalten zu lassen, aber sie weigerten sich. Jenkins erklärte er wolle von den ganzen Olschwindel sagte, ei nichts wissen und Starbottle würde bohren lassen, wenn ihm der Brunnen genug Petroleum geliefert hätte. Und er gab noch immer Petroleum her; schon standen eine Anzahl Fässer gefüllt auf dem Hofe und Jenkins, der eine Menge Petroleum im Keller hatte konnte seines nicht verkaufen, weil Star¬ bottle billiger war. Natürlich führte das zu Zwistigkeiten, und nach einem erregten öffentlichen Auftritt waren die Nachbarn sich spinnefeind. Das kam den Spekulanten sehr ge¬ legen. Jetzt bearbeiteten sie jeden einzeln und machten ihnen klar, daß, wenn er auf seinem Grund und Boden bohren lasse, er vielleicht die Quelle des Nach¬ bars erschöpfe. Und sie kamen zum Ziel. Jenkins versprach sein kleines Grund¬ tück dazu herzugeben und war mit nur 3000 Dollars zufrieden. Starbottle frei¬ lich stellte andere Bedingungen. Endlich einigte man sich auch hier, und für 13.000 Dallars ging die Farm, die nicht den zwanzigsten Teil wert war, in den Besitz der Spekulanten über. „Kalkuliere, daß ihr ein feines Ge¬ schäft gemacht habt, als ihr Starbottle das Ding abnahmt“ sagte der Sheriff, und die Umstehenden, die auf Kosten des Käufers einen Cocktail nach dem anderen tranken, gaben dem Redner recht. Der Käufer selbst auch, denn gerade an die¬ sem Tage floß der Brunnen besonders reichlich und gab ebensoviel Petroleum wie Wasser. In dieser Nacht schlief man im Ort tief und fest; denn der Konsum an alko¬ holischen Flüssigkeiten, zu deren Spen¬ dung auch Jenkins und Starbottle be¬ reitwilligst beigetragen hatten, war außer¬ gewöhnlich stark gewesen. Als gegen Mittag des nächsten Tages die Gesell¬ schaft wieder zusammentraf, wurde das

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