seiner Erzählung glaubte niemand. Man warf ihn ins Gefängnis, wo er bleiber sollte, bis er den Wahrheitsbeweis erbracht hätte. Der Mann aber wußte, das würde ihm nie gelingen; und in dem einsamen finsteren Kerker packte ihn eine solche Verzweiflung, daß er sich mit einer Scherbe Pulsader durchschnitt. die Der Heilige hatte entsetzt zugehört. Als der Herr geendet hatte, warf er sich ihm zu Füßen und bat: „Herr ich habe unüberlegt gehandelt, vergib mir! Laß mich den Heiligenschein nur wiederholen mehr will ich nicht; ich weiß, ich habe ihn verwirkt. Aber wiederholen muß ich ihn, damit er nicht noch mehr Unhei anrichtet! Der liebe Gott aber sagte: „Nein ich habe anders bestimmt: der Heiligen¬ schein bleibt auf Erden. Ein Mensch hal ihn von dir bekommen; einst, wenn die Zeit erfüllt ist, wirst du ihn durch Menschenhand zurückerhalten. Der Heiligenschein wurde ein Jahl lang im ganzen Land ausgerufen niemand konnte sich als sein Besitzer ausweisen; nach Jahresfrist kam er in Der die Schatzkammer des Königs. wollte erst einen schönen Reif für seine Lieblingstochter geschmiedet haben und der Schatzmeister gab dem Hofschmied zu diesem Zwecke den Heiligenschein. Nach zwei Tagen ließ der Mann sich dem König melden und sagte bleich und zitternd: „Herr, vergib, aber das Gold. das du mir geben ließest, läßt sich nicht schmelzen. Vielleicht ist es verhext und muß besprochen werden. Der König war ein jähzorniger rascher Mann. Als er den Goldschmied so reden hörte, packte ihn die Wut und er schrie: „Du willst der erste Goldschmied meines Reiches sein und kannst nich einmal einen Reif schmieden? Du bist deines Dienstes ledig und verläßest mein Reich noch heute! So brachte der Heiligenschein einen unbescholtenen Mann um Amt und Ehre. Der König gab den Auftrag einem anderen Goldschmied, der natürlich ebenso¬ 83 wenig Glück hatte. Doch war er durch das Unglück seines Vorgängers gewitzig er nahm das Gold aus seinem eigenen Bestand, schmiedete daraus den Rei und versenkte das unvermeidliche Hexen¬ gold bei Nacht und Nebel ins Meer. Dort aber konnte es nicht bleiben, denn die Wasserbewohner sind Heiden und wissen nichts von Gott. Sie gaben es den Wellen mit; die trugen es auf sanften Rücken behutsam in ein fernes Land und spülten es ans Ufer vor die Hütte eines armen Fischers. Der brachte den Fund jubelnd seiner Braut und rief: „Nun können wir heiraten, endlich habe ich einen guten Fang gekan! Seine Nachbarn aber neideten ihm das Glück, verleumdeten ihn als Dieb und mieden ihn als unredlichen Menschen. Sie vergifteten sogar das Herz seiner Braut. So brachte der Heiligenschein zwei Menschen auseinander, die sich vorher innig lieb gehabt hatten. Der Fischer aber, dem er nur Leid gebracht hatte, schleuderte ihn ins Meer zurück und die Wellen trugen ihn, dieses Mal türmisch und wild, den schroffen, felsigen Rändern eines Gebirges zu. Dort hatten Räuber ihre Höhle. Von denen fand ihn einer, dachte bei sich: „Das ist einmal eine günstige Ge¬ legenheit, etwas ganz für dich zu be¬ halten.“ Er verbarg das Gold lange Zeit vor den andern, bis es durch einen Zufall doch ans Tageslicht kam. Die andern Räuber erschlugen den Finder, weil er etwas vor ihnen verborgen hatte dann wollten sie den Schatz unter sich teilen. Da er aber nicht geschmolzen werden konnte und niemand auf das Gold, das sie so herrlich dünkte wie nichts sonst verzichten wollte, so entstand ein wüstes Gemetzel, und der andere Morgen sah alle Räuber erschlagen. Niemand blieb übrig als ein Knabe und ein Mädchen. Der Knabe war wild und rauh und hatte schon manche Sünde begangen; das Mädchen gagegen war sanft und licht. Niemand wußte, woher es stammte; die Räuber hatten es als hilfloses Kind einst im Walde gefunden
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