Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

67 Graubeiß war sprachlos. So etwas waltigen das Resultat seiner Revision war in seiner Schule zu seiner Zeit unter in ein Vernichtungsurteil zusammen¬ seinem Regiment überhaupt noch nicht fassen. vorgekommen. Wenn nur Kollege Nußknacker Tagelang ging er in Selbstgesprächen wiederkäme! Der würde mit einem ein¬ murmelnd und gestikulierend umher. zigen Ruck durchbeißen! „Ich muß die Sache zur Anzeige Die Pause war das reine Theater. bringen! Ich muß an die hohe Behörde Graubeiß konnte nicht mehr in Ruhe berichten! Wenn ich nur wüßte, wie sein Frühstück verzehren, allenthalben lange Kollege... mußte er dämpfen, deichseln, dirigieren. Seine Gedanken drehten sich im Und das „Frollein“ war mitten unter Kreise der spielenden Schar. Aber eines Morgens trat Graubeiß Plötzlich sah der Hauptlehrer sich mit einem Gesicht, das ungerechnet den umringt. Eine Schar der Kleinsten, über¬ Schein der Morgensonne und den Glanz mütig und dreist, schlang einen Kreis seiner Brillengläser strahlend genann um den alten Herrn und nun ging der werden mußte, auf den Schulplatz. Tanz los: Fräulein Meyenheim radelte gerade „Sagt, wer mag das Männlein sein an ihm vorbei. Das da steht auf einem Bein „Meine Herren“, wandte er sich an Mit dem kleinen schwarzen Käp¬ die Kollegen und entfaltete einen Brief pelein... „eine schwere Gefahr ist abgewendet „So, nun müssen auch die andern worden; es wird noch alles wieder gut Onkels in den Kreis!“ rief Fräulein werden ... Kollege Nußknacker kommt Meyenheim lachend, als sie darüber nächste Woche wieder!“ zukam. Das Wunder der Zeit. Erzählung von Max Prels. schen, es soll ein wenig Freude, ein Die Gespräche schleppten sich wie ganz klein wenig ablenkende Unruhe völlig erschöpfte, stets aufs neue aufge¬ um ihn sein — aber keiner fand eine peitschte Lasttiere dahin. Immer, wenn Lösung. Gewiß, es war rührend, daß sie im Sand der Teilnahmslosigkeit zu¬ er, der Trostbedürftige, so viel gesell¬ sammenbrachen, zückte Bernhard die schaftliche Höflichkeit aufbrachte, selbst den Geißel der guten Sitte, mühte sich, Le¬ traurigen und verlorenen Abend noch bendigkeit und Farbe in die wechselnden zu befeuern, er, der wahrhaftig zuerst Reden zu pressen — und für Minuten Erfrischung gebraucht hätte. Doch es schwirrte der, schwer von Zigarrenrauck ging nicht; ganz und gar nicht. verhängte Raum, könend auf. Einer der Ja, wenn die Freunde noch die ein Besucher griff flüchtig Klaviertasten, Ueberzeugung gehabt hätten, daß ihm zu anderer setzte mit dunklem Baritor du ein großes Leiden betroffen. Aber — doch es wollte nich einem Lied an lieber Gott — was war denn schließlich vorwärts. Und man saß wieder hilflos geschehen? Es ist schließlich unwichtig, vor dem Nicht=Entrinnenkönnen. Alle was der Anlaß gewesen sein mag. Und wußten sie es: Bernhard braucht Men¬

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