Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

41 wurde und die heute einen grauen laubnis zur Feier der Fastnacht, wenn Farbenton zeigt, daher die offenherzige auch mit gewissen kleinen Einschränkungen, Bezeichnung. Das Drecklärvle zu tragen erhalten (sehr zum Aerger der Stutt¬ ist eine Auszeichnung, deshalb ist diese garter), da man mit gutem Recht diese Maske schon jahrelang vorher vermietet. Feier als einen der Erhaltung würdigen Die meisten Familien besitzen ihre eigenen Brauch betrachten kann. Für den Frem¬ Masken und Gewänder, andere sind den ist der Betrieb in den Tagen der leihweise zu erhalten. Beim Umzug, dem „Fahsent“, wie die Fastnacht im Volks¬ sogenannten „Narrensprung“, werden munde heißt, einfach erstaunlich, vor allem von gewissen Masken dazu viele und durch die Anwesenheit höchst origineller große Glocken getragen, die ein beträcht¬ Masken, die gar nichts von den ge¬ liches Gewicht ausmachen und schon wohnten „Kostümen“ an sich haben, einige Anforderungen an ihren Träger sondern einer sehr starken und eigen¬ stellen, die dann bei dem ganz merk¬ artigen Volksphankasie entsprungen und würdigen sprunghaften Umzug einen ohne Zweifel als künstlerisch anzusprechen rhytmischen Klang ergeben und auf die sind. Man unterscheidet drei Arten, die Zuschauenden eine ganz merkwürdige, „Hansle" und „Schantle“. „Narre“. berauschende Wirkung ausüben. Dazu Neben den bunten weiten Beinkleidern werden ungeheure Mengen von Bretzeln und den bunten Röcken, die mit aller¬ und Orangen unter die Menge geworfen. hand Bildern geziert sind, fallen vor Sonst spielt sich das eigentliche Treiben allem die prächtigen aus Holz geschnitzten in den Wirtschaften ab. Verschiedene Kopfmasken auf, die, größer als ein Gruppen ziehen hier von Wirtschaft zu menschlicher Kopf, hinten durch eine be¬ Wirtschaft und tragen ihre Späße vor, zopfte Perücke abgeschlossen sind und wobei sie, um nicht erkannt zu werden, somit nicht die mindeste Gelegenheit geben in der Fistelstimme sprechen und ihr Ge¬ den; der sich darunker verbirgt, erraten spräch mit dem typischen „So, bischt au zu können. Unter diesen Masken findet do?“ einleiten. Mit Vorliebe werden den man wirkliche Meisterwerke. Meist ist nicht maskierten Besuchern allerlei Wahr¬ irgendein bestimmter Gesichtsausdruck heiten gesagt, freilich in heiterem Ton, festgehalten, ein verschmittes Lächeln, ein die entgegenzunehmen sich diese ver¬ Erstaunen usw., das so gut getroffen ist, pflichten müssen, denn an diesen Tagen daß man meint, der Kopf müsse be¬ ist „Narrenfreiheit“, die kein Uebelnehmen, ginnen zu sprechen. Eine berühmte Figur kein „Sie“ und keine Standesunter¬ ist der „Polizeischantle“ der mit langem schiede kennt. Den Höhepunkt bildet der Säbel in traditionellem Hinkeschritt durch „Stadtklatsch“, eine Stadtchronik in Bild die Menge schlurft. und Vers, die alles, was nur an einiger¬ In Oberndorf ist eine gesuchte Spe¬ maßen Witzigem während des Jahres zialität das sogenannte „Drecklärvle“ sich zugetragen, hier bänkelsängerhaft eine schon über hundert Jahre alte Holz¬ vorführt. maske, deren Farbe nicht mehr erneuert □ Wie man mit Messern und Gabeln essen lernte. Wir sind so daran gewöhnt, uns aßen, gar nicht vorstellen können. Und beim Essen des Messers und der Gabel doch ist diese Epoche noch gar nicht so zu bedienen, daß wir uns eine Zeit, in weit zurückliegend, und vor 300 Jahren der die feinsten Leute mit den Fingern waren bei uns Messer und Gabeln beim

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