Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

108 die Uhr um eine Stunde zurückgedreht hatte, um ein Alibi zu gewinnen. Auch auf der Hofalm hatten sie es vorher ähnlich gemacht, nur mußten sie hier die Uhr um eine Stunde vorrücken und zur Nani sagten sie: „So, hiazt is's Fünfe. hiazt gengan ma umi auf d' Steffel¬ bauernalm. In der Zwischenzeit aber hatten sie gewildert und Herrn Zwischen¬ brücken den Streich gespielt, dessen Folgen er jetzt ausbaden mußte. Die beiden Schlankel waren durch ihr Alibi natürlich fein heraus. Wilderer sind eben mit allen Salben geschmiert! Herr Zwischenbrücken aber saß auf der Anklagebank! Er, der keiner Fliege was zuleid tun konnte, war angeklag auf 1. Wilddiebstahl. 2. Gefährdung der pers. Sicherheit 3. Mordanschlag. 4. Unbefugtes Waffentragen. 5. Bestechungsversuch. Sein tadelloses Vorleben, seine auf¬ richtige Erzählung, die völlig den Stempel der Wahrheit trug, die günstigen Zeugen¬ aussagen, seine bisherige gänzliche Unbe¬ scholtenheit und sein guter Leumund verhalfen ihm schließlich doch zu einem Freispruch. Die Verhandlung hatte fünf volle Stunden gedauert und alles strömte hinaus ins Freie. Jubelnd umdrängter Zwischenbrückens Freunde den Frei¬ gesprochenen, der sich den Schweiß von der Stirne wischte. Auch die Dorfbewohner zogen wieden ihrer Bergheimat zu. Die Rosel ging finster an der Seite ihres Vaters dahin Etwas weiter hinten marschierten der V Steiner Loisl und sein Kriegskamerad Hiasl. Warum sich die beiden Freunde am Heimwege fast „kropfet“ lachten. wußten nur sie allein ... Die Rosel hatte später doch den Steiner Loisl geheiratet. Sie konnte nimmer lassen von dem stattlichen Kerl. Herr Schoißwohl machte daher gute Miene, umsomehr, als endlich der wahre Mörder des Förster damals bei der Wildererrevolte durch den Verrat eines Kameraden aufgekommen war und Loisl omit von diesem Verdacht gereinigt da¬ tand. So gab ihnen denn der alte Gro߬ bauer Haus, Hof und Jagd und Loisl hatte somit Gelegenheit, im eigenen Revier den Wilderern fest auf die Fersen zu treten. Und Herr Zwischenbrücken? Er war geheilt von seiner Wildererliebhaberei für ewige Zeiten. Er hatte genug von dieser Sorte Menschen. Hatte er sie doch von ihrer schwärzesten Seite kennen gelernt! Was nützte es ihm, daß ihn seine Freunde trösteten und ihm versprachen, sein Abenteuer zu einer Operette zu ver¬ werten, benannt: „Der Pseudowilderer. Die fesche Soubrette wollte die Rosel spielen und er selbst, weil es doch keiner o gut wußte, den Pseudowilderer. Der Librektist Drahofer erbot sich, den Text, Musiker Prinzel, die Musik zu liefern. Aber Zwischenbrücken wollte nichts davon hören. Endlich geriet sein Abenteuer doch mehr und mehr in Vergessenheit und er konnte wieder unter die Leute gehen ohne auf Schritt und Tritt angezwiedert zu werden: „A, Herr Zwischenbrücken, fahrns morgen wieder nach Molln wildern?“

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