Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

kopfeten“ Krestenberg, herunterschlichen. Beide hatten sie Büchsen, schwarze Gesichts¬ masken und den Hut tief in die Stirn gedrückt. Der eine, der größere, sehnige trug einen Gemsbock über die Schulter es war der Steiner Loisl und der andere. sein Freund und ehemaliger Kriegskamerad Hiasl, beide aber Wilderer von echtem Schrott und Korn. O, Herr Zwischenbrücken! Nun wäre der Augenblick gekommen, auf den du den ganzen Sommer lang, mit Opfern an Zeit, Geld und Mühe gelauert! Die prächtigsten, waschechtesten Wildererkypen wären in deiner unmittelbarsten Nähe! Im Rucksack steckt der Photographen¬ du apparat! Nur zu knipsen brauchtest und die schönste Momentaufnahme ür die illustrierten Zeitungen wäre fertig du aber schläfst, schläfst wie ein Murmel¬ tier und schnarchst wider eine Brettersäge! Unten am Almboden angelangt, wo mächtige Fichten ihre Bärte bis zum Boden hängen ließen, standen beide keuchend still und der Hiasl murmelte: „Sakra, wir werdens wohl nicht der¬ machen! Der Förster ist uns heut fest auf die Ferschen! Er wird uns no da¬ wischen. Am besten wars, mir nehmaten Stellung gegen eahm; da hinta da großen Feichten ham ma grad a guate Deckung. Da hucken ma uns nieder und bal er kimt, pelz'n ma glei los! Schau, er kniete sich hinter dem mächtigen Stamme nieder und nahm das Gewehr in An¬ chlag, „ganz bin i deckt, nix kunt uns — Es war ein prächtiges Bild, g'schegn. wie der verwegene Wildschütz mit dem Gewehr hinter dem Baume kniete und der sehnige, schlanke Loisl neben ihm stand. Schade, schade, Herr Zwischen¬ — brücken! Wirklich sehr schade „Was dir nit einfallt!“ gab Loisl ebenso leise unwillig zurück, „schiaßn toan ma erscht, bals sein muaß. Im Kriag han is a aso g’macht. Es kunt do schief geh’ und da Förster die Patschen strecken. Ha'ma e' scho amal an aufidischputiert und glaubens heut no, wans a nit wahr is. A zweitsmal mag i nimmer in so was kema. Mir keman schon no aus, an¬ 103 tauchen müassen mir halt fest. Der Saka¬ bock, wan halt nit so schwar wa. Mir chmeißen'n halt weg, bal der Förster kimt!“ Und er nahm die Gemse von der Schulter und dehnte seine prächtigen Glieder. „Horch!“ flüsterte auf einmal der Hiasl erschrocken, „i hör was! Ja, meiner Seel, da schnarcht wer!“ Beide taten einige Schritte vor und da sahen sie den „Zwobruckner Sepp“ fest schlafend, sanft und friedlich unter einem schattigen Baume liegen. Ah da schaust her!“ rief Loisl ingrimmig, als er seines Nebenbuhlers ansichtig wurde, „na wart, du Lotter. dir zahl is hiazt hoam, daß d’ ma mei Rosel hast abspensti macha woll'n! Und flugs riß er den Kugelstußen herunter. „Den wirst do nit daschiaßn, Du Narr, du eifersüchtiga,“ raunte der Hiasl, und fiel ihm in den Arm. „Aber fallt ma garnit ein,“ flüsterte (4 Loisl zurück, „schau liaber was i kua! Und vorsichtig, mit lautlosen Bewegungen legte er den Kugelstutzen dicht neben den Schlafenden, ebenso die heruntergenom¬ mene Gesichtslarve und endlich auch den Gemsbock. „So Hiasl!“ flüsterte er befriedigt, „hiaz machen ma uns aus'm Staub, unst dawischt uns der Förster wirkli no. Den Bock lassen ma halt heint ama hint.“ Und mit festem Griff riß er den Kameraden mit sich, bis sie in wenigen Augenblicken hinter Latschen und Gestrüpp verschwunden waren. Eben noch zu rechter Zeit! Der Förster hatte die Spur der beiden Wilderer entdeckt und eilte jetzt denselben Weg herab, den sie gekommen waren. Ein Stein kam ins Rollen, polkerte die teile Anhöhe herab und schlug hart neben Zwischenbrücken zur Erde. Das erweckte den Schläfer. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen, konnte sich aber nicht gleich zurecht finden. Hatte er ge¬ träumt oder nicht? Bleiern lastete der Traum der letzten Viertelstunde noch auf seinem Gehirn. Ihm war, er sei selbst wildern gewesen mit Gewehr und Larve,

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