Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

102 seine Brust und der blendend schöne Tag ihn froh zu stimmen. tat sein übriges, Vor ihm türmte sich mächtig der „glatz¬ kopfete Krestenberg“, wie er im Volks¬ munde hieß, auf, einer der einsamsten wenig besuchten Berge, aber dafür un¬ geheuer reich an Gemswild, dahinter dehnte sich das langezogene Sengsen¬ gebirge und hinter diesem ragten die Schroffen und Zinnen des einsamen Totengebirges im rosigen Hauche der aufgehenden Sonne in den klaren Sommertag. Die Almwiese, über die sein Fuß schrikt, war ein einziger Teppich von Speik= und Kohlröserln, deren würziger Hauch die kühle Morgenluft erfüllte. Der von einsame Wanderer war ganz erfüllt der Pracht dieses Sommermorgens und der Schönheit der Berge, sodaß er sachte nach seinem Merkbüchlein langte und aus seiner Begeisterung heraus ein feines, kleines Gedicht schrieb, daß er „Alm¬ frieden“ betitelte. Dann schritt er fröhlich, in Natur und Poesie schwelgend, über die tauigen Matten weiter, bis in jäh ein Schuß aus seinen Träumen schreckte, der von der Höhe des Krestenbergs kam. „Halt!“ agte Zwischenbrücken unwillkürlich zu ich selbst, „der Schuß kommt sicher von einem Wilderer, da hat die Rosel doch recht gehabt! Jetzt heißts aufpassen, daß ich nichts versäume.“ Er zog seinen Trieder heraus und suchte die ganze Gegend damit ab, konnte aber nirgends etwas entdecken. Dem scharfen, kurzen Knall war eine sonderbare Stille gefolgt, die fast unheimlich wirkte. Die Vöglein unterbrachen ihr Morgenkonzert, kein Zweig rührte sich in den Latschen und kein Grashalm wehte im Winde. Herrn Zwischenbrücken wurde ganz ängstlich zu Mute. Unwillkürlich trat er hinter einen großen Baum und hier stand er nun lauschend und grübelnd, was dieser Schuß bedeutet haben konnte. Seine rege Phantasie malte allerlei Bilder. Im Geiste sah er einen Wilderer mit eben abgefeuertem, noch rauchenden Gewehr, finstern Blickes auf den grünen Rasen tarren, auf dem mit durchschossener Brust der Förster lag. Sein weiches Gemüt sympathisierte mit beiden, dem Förster, der in Ausübung seiner harten Pflicht das Leben dransetzte, dem Wilderer, welcher seiner Jagdleidenschaft nicht Herr werden konnte. So sinnierte er vor sich hin, dann lauschte er wieder in der Richtung des Schusses und seine Augen forschten uchend die steile Bergwand entlang! Aber alles blieb still und ruhig. Nur ein bunter Falter umgaukelte ihn und eine Bergschnecke kroch langsam und bedächtig an den Schuhen des unbeweg¬ lich stehenden und atemlos lauschenden Mannes empor. Immer drückender wurde diese Stille, sie wirkte fast lähmend, dazu stieg die Sonne immer höher und höher und Zwischenbrücken konnte ein herzhaftes Gähnen nicht mehr länger unterdrücken. Endlich wagte er sich auch wieder zu bewegen. Sein ängstlich schla¬ gendes Herz beruhigte sich und er suchte ich eine moosige Stelle hinter dem Baume und setzte sich gemütlich nieder. Vom Baume weichen wollte er auf keinen Fall. Aber müde war er. Das Abschiedsfest auf der Steffelbauernalm hatte doch lange gedauert, dazu die vorhergehende Nacht, die er schlaflos im Schnellzug verbracht hatte! Und wenn er noch weiter zurück¬ dachte, so lag eine recht unsolide Woche hinter ihm, allem voran das Künstlerfest, auf dem er mit einer feschen Soubrette esch gedraht hatte — na, die wird lachen, wenn er ihr vom Abschiedssouper auf der Steffelbauernalm recht drastisch er¬ zählen wird! Immer stiller wurde es um Herr Zwischenbrücken, er gähnte immer häufiger, bis ihm auf einmal die Augen chwer wurden und er auf den weichen Almboden hinsank und in einen recht gesunden Schlaf fiel. Herr Zwischen¬ brücken erfreute sich überhaupt eines recht gesunden Schlafes und heute gar, wo er oviel einzubringen hatte, wäre er nicht durch die Kanonenschüsse einer belagerten Stadt zu ermuntern gewesen. Auf einmal knackte es oben in den Latschen und zwei Gestalten tauchten auf, die vorsichtig den Gehsteig vom „glatz¬

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