Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

58 am Frankenburger Kirchturm, unter diesen der alte Abraham Hammer und der Amtsschreiber Klapphuhn, drei am Vöcklamarkter Kirchturm, darunter der Marktrichter Sebastian Nader, und drei am Kirchturm zu Neukirchen. Zwei Tage später wurden die Leichen abgenommen und zur ewigen Abschreckung auf der Reichsstraße nächst Vöcklamarkt auf Spieße gesteckt. Auf den ersten Spieß steckten sie die Leiche des jungen Achaz Häupl, auf den letzten die des Amtsschreibers. * * * Der Mond war über den Vöckla¬ markter Wald gestiegen. Voll und rund schwamm er im Frühlingshimmel und warf sein Licht auf die alte Reichsstraße und den Greuel, der längs des Straßen¬ rains starrte. Dort staken die Leichen der armen Sünder auf den Spießen. Achtzehn Spieße, achtzehn Leichen. Der Wächter, der verhindern sollte daß die Mütter, Väter oder Söhne die Leichen stahlen, war abgezogen. Die Toten blieben zurück. Jetzt mochte sie holen, wer wollte Auf der mondhellen Straße schritt ein Mann. Er trug Schnappsack und Stecken und die Bauerngugel. Weiß färbte das Mondlicht sein strenges Gesicht, nur die Augen blitzten dunkel. Bei jedem Spieß blieb er stehen und starrte auf der Schrecken des Todes. Wie eine gespießte Fledermaus hing der Schreiber am Spieß Mit seinem flatternden Mäntelchen spielte der leichte Nachtwind. Das Propheten¬ antliß des alten Hammer war unentstellt und schier friedlich, das des Pöckla¬ markter Marktrichters schrecklich mit den glasigen Augen; von anderen Spießen starrken gebrochene Augen und ver¬ zerrte Züge. Vor der Leiche des Wirtes „Zum großen Glück“ lag lang hingeworfen mit ausgestreckten Armen, als wollte es die kalte Erde umfangen, ein Weib. Das gelöste Haar war um das Haupt gebreitet Der Mann bückte sich und rief dem Weib ins Ohr: „Steh auf. Die Toten haben ihre Ruh'. Die Lebenden müssen zum Leben schauen“. Das Weib richtete sich jäh auf. Seine glanzlosen Blicke trafen die des Mannes. Da schrie es auf: „Du bist's, der Fremde aus unserer Wirksstuben! „I bin's, sagte der Fremde. Erstützte sie. Siestand auf und wankte. „Halt di' an mi'“ sagte der Fremde. Da fiel das Haupt des Weibes auf seine Schulter. „Mein armer Mann, Veit, — mein Jesus, Jesus, stöhnte es. „Laß sein,“ sagte der Mann. „I kann nit. „Es ist umasunst. „Oh, hätten's dir g’folgt!“ „Das Geschehene laßt si' nit ändern, der Mann. agte „Du hätt'st es ändern können. „I wer's erst ändern — vielleicht.“ „Es ist zu spät. „Es is nit zu spät. Für die da, ja. für die andern aber, für's Landl, — nein.“ „Das is kein Trost nit“. Das Weib schüttelte heftig den Kopf. „Es soll auch kein Trost nit sein, sagte der Mann. „Trost gibt's kein' (7 ## aber „Aber?“ „Rache,“ sprach der Fremde fest und drückte ihre Hand, „und aus der Rache Glück und Freiheil“. Das Weib verstand nur das erste Wort. „Rache,“ rief es laut — und das Echoantwortete. „Gibst du sie mir?“ fragte das Weib dann mit weitaufgerissenen Augen. „Wann du zu mir kommst,“ sagte er, „werd' i sie dir geben. Du aber sollst mir Zeuge sein, du, mit deinem zerrissenen Herzen“. „I will, rief sie, „i komm'. Mein Bei begrab' i, dann komm i. Wer bist?“ „Mein' Namen wird bald a jed's kennen. Der Stephan Fadinger bin i. Er nickte einen Gruß und schritt davon. Sein Tritt scholl hart in der Stille. Sie zog nachdenklich die Brauen zusammen. Dann murmelte sie, um den Namen zu behalten: „Stephan Fadinger, Stephan Fadinger

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