Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

54 hervor, Stücke wurden herangeschleift, Lunten glommen auf. Musketen und Bombarden wurden gerichtet und alle Mäuler der Geschütz= und Handrohre waren drohend gegen die waffenlose Menge gerichtet, aus der ein entsetzliches Schreien hervorbrach. Wieder ein Trompetenruf, die Trom¬ meln rasselten — dann brach der Lärm ab. Es ward plößzlich so still, daß man den Wind hörte, der die Krone der alten Linde schüttelte. Langsam ritt der Statthalter gegen die Menge vor. Er zügelte seinen Braunen hart vor den Gesichtern der ersten Reihe. Dann erhob er die Hand mit dem großen Stulpenhandschuh befehlend und rief mit weithinschallender Stimme: „Burger und Bauern! Rebelliert habt ihr in frevelhafter Weis' gegen kaiser¬ liche Majestät und des Kurfürsten Hoheit, in deren Namen der heilige römisch¬ katholische Glaube wieder sollt' eingesetzt werden in den ketzerischen Gemeinden. Rebelliert insbesondere gegen kaiserlicher Majestät Mandat von anno vierund¬ zwanzig, das gegen die verdammte Ketzerei ward erlassen worden. Und ins¬ besondere auch gegen die eingesetzte Re¬ formationskommission, da vor wenigen Tägen der hochwürdige Pfarrer von Frankenburg sollt' feierlich installiert wer¬ den. Dieser Markyrer trägt noch die Spuren von eurer malefizischen Schand¬ tat. Solches schreit nach Strafe und muß gerochen werden. Habe befohlen, daß mir die Radels¬ führer sollen übergeben werden. Es ist nit geschehen. Darum seid ihr alle straf¬ bar“. Da ging ein Stöhnen durch die Menge. „Sintemalen ich nicht Gericht halten kann und will über so viele, fordere ich euch auf, aus allen Pfarrgemeinden Aus¬ schüsse zu wählen. Mit diesen will ich Gericht halten und ihnen meinen Willen kundtun. Es müssen Leut' dabei sein, die die die ernste Handlung voll zu verstehen imstande sind, nit Bauernschädel, die selbst zum Zuhören zu dumm sind. Ich fordere Richter, Achter= und Viererleut', Zech¬ pröbste und solche Leut', deren Wort zu hören ihr gewohnt seid. Ich geb’ euch eine Viertelstunde Zeit.“ Er sprengte zurück. Eine Viertelstunde. Da gab es nicht viel Zeit zur Ueberlegung. In fieberhafter Hast traten die Angehörigen der Pfarr¬ gemeinden zusammen und wählten die geforderten Ausschüsse. Die Frankenburger uchten nach dem Scheichl und Neuhödl, diestets das große Wort gesprochen hatten. — — Sie waren nicht zu finden fort, rgendwo verborgen. Auch der Tobias Hörleinsperger war verschwunden. Aber der Wirt, der Veit Paumgarkinger, war da. Den wählten sie. Unter den Pöckla¬ marktern war der Marktrichter Sebastian Nader, unter denen vom Dorf der alte Abraham Hammer, unter den Gewählten vom Attergau der Achaz Häupl. Es waren sechsunddreißig Männer. Als das Häuflein der Sechsund¬ dreißig vortrat, sprengte Herberskorff wieder heran, diesmal folgten ihm aber alle Reiter. Wieder hielt er vor der verängstigten Menge und rief: „Rebeller und Rottierer! Die, die ihr habt gewählt, erwartet das gerechte Gericht. Es wird sie mit Recht treffen, weil es diejenigen sind, auf die ihr, Gesindel, habt gehört und die zu¬ meist als Amtsleut' nichts getan haben, um euch von dem Verbrechen abzu¬ halten. Die sollen mir als die Radels¬ ührer gelten. Wer sonst noch einen zu mir bringt, der ein Radelsführer ist, dem teil' ich des Rebellers Gut zu. Euch andern, die ihr verführt gewesen eid, geb’ ich Gnad'. Aber ich beding', daß ihr alle ehestens katholisch werdet. Die verfluchte Keßerei muß ausgerottek ein im Land. So will's kaiserliche Majestät, so will's des Kurfürsten Hoheit. Die katholischen Priester sollen euch heilig und unverletzlich sein, an Sonn¬ und Feiertagen habt ihr in die Kirchen zu gehen, Beicht' muß sein und die heilige Kommunion. Wer starrköpfig bleibt, hinaus mit ihm in die Fremd'. Eine Frist wird gegeben werden, bis

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